Meine Uni, mein Leben, mein Lifestyle: Coffeestores statt Automaten
Jede Uni hat inzwischen ihren eigenen Unishop. Kaffeautomaten werden durch Coffestores ersetzt. Der Wandel hat sich schleichend vollzogen und wird selten diskutiert.
BERLIN taz | An den Hochschulen hat sich was getan. Sie werden kommerzieller und treten als Marken auf. Erkennbar sei der Wandel an einer neuen, repräsentativen Architektur, daran, dass Kaffeeautomaten durch Coffeestores ersetzt wurden und jede Hochschule ihren eigenen Unishop betreibt, sagte Moderator und taz-Redakteur Martin Kaul bei der Tazlabor-Veranstaltung „Meine Uni, mein Leben, mein Lifestyle. Die Identifikationspolitik an der Neuen Uni.“
Die Diskussion drehte sich zum einen um die Kommerzialisierung des Campus und um das Marketing der Hochschulen. Die Diskussionsteilnehmer Jens Bemme und Christian Berger vertraten Studierende, die sich stark mit ihrer Uni identifizieren. Beide arbeiten aktiv dafür, dass sich ihre Hochschulen verbessern.
Bemme hat die Studentenstiftung Dresden gegründet, eine Studenteninitiative, die Gelder sammelt um Studienbedingungen zu verbessern. Berger ist Student der Humboldt-Universität und verkauft auf der Website „Platzstiften.de“ symbolisch Hörsaal-Sitzplätze. Mit dem Geld will seine Initiative ebenfalls die Lehre verbessern. Dagegen argumentierte Nicole Gohlke, hochschulpolitische Sprecherin der Linksfraktion des Deutschen Bundestages: „Dieses Engagement ist aus der Not geboren und gibt dem Staat die Möglichkeit, sich aus der öffentlichen Verantwortung zu stehlen. Und es macht den Wissenschaftsbetrieb abhängig von äußeren Einflüssen.“
"Universitäten noch sehr naiv"
Andreas Freitag, Geschäftsführer der Werbeagentur Jung von Matt, zeigte sich von Anfang an skeptisch. Aus Werberperspektive sei das Marketing der Universitäten schlecht. „Es ist eher so, als würden sie bunte Fähnchen verteilen, aber sie arbeiten nicht an der Substanz der Marke. Die Universitäten sind noch sehr naiv“, sagte Freitag. Das Publikum sah Hochschulmarketing und Identifikationspolitik größtenteils mit Unbehagen. „Ich finde, das ist zuviel verlangt: Einerseits wird mir das Bachelor- und Mastersystem vorgesetzt, zum anderen soll ich mich mit der Uni identifizieren“, sagte eine Studierende.
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