Mein Name ist Boss, James Boss: Dein Password gehört mir!
■ Der Bremer Datenschützer Holst warnt vor dem „gläsernen Angestellten“
„Was ist schon dabei – ist schließlich mein Computer“, dürfte sich der Bremer Chef gedacht haben, als er flugs eine Mail vom Rechner einer Angestellten an seine eigene Adresse schickte. Dumm nur: Er vertippte sich, die Mail mit der gesammelten elektronischen Privatpost der Angestellten kam wieder zurück zum Absender. Peinlich, wenn die Spioniererei auffliegt – und mal wieder ein Fall für Bremens Datenschutzbeauftragten Sven Holst, der jüngst zusammen mit den Beauftragten acht anderer Bundesländer ein Gesetz zum Schutz der Daten von Arbeitnehmern in der Privatwirtschaft eingefordert hat. Holst: „Seit eineinhalb Jahren schmort ein Entwurf im Ministerium. Wir wollten mit unserer Forderung erreichen, dass das Gesetz noch vor der Bundestagswahl kommt, wie von der rot-grünen Koalition geplant.“
Der gläserne Angestellte
Die Warnung vor dem „gläsernen Beschäftigten“ hat ihre Ursachen. Immer mehr Firmen sind an Genomanalysen interessiert, um noch vor der Einstellung zu erfahren, ob der Bewerber fit und geistig rege ist. Holst: „Wer einen Job will, gibt doch Haut und Haare her. Da ist es gut, wenn der Arbeitgeber keine Gentests verlangen darf.“
Ähnlich sensibel sei die immer stärkere Überwachung durch Videokameras am Arbeitsplatz. „Das gibt's nicht nur in Callcentern“, sagt der Datenschützer. Auch im Kaufhaus oder bei metallverarbeitenden Betrieben, sogar in Bremer Cafés sind inzwischen Kameras installiert. „Es grassiert“, meint Holst. „Auch im Hafen hatten wir Fälle, wo angeblich Rauchverbote kontrolliert werden sollten. Videoaufzeichnungen wurden aber auch von anderen Ecken des Geländes erstellt“, erzählt Bremens oberster Datenschützer.
Kaum Schnüffelschutz
Ein weiterer bislang ungeregelter Bereich am Arbeitsplatz ist der Umgang mit den neuen Medien. Häufig ist die private Nutzung der Computer zugelassen. Schließlich sind auch meist private Telefonate gestattet, wenn sie sich im Rahmen halten. Aber: „Der Chef verfährt auch mal nach dem Prinzip ,Dein Password gehört mir'“, kritisiert Holst. Die E-Mail-Accounts der Angestellten werden in Abwesenheit durchforstet, vor allem, so Holst, „wenn das Verhältnis zerrüttet ist.“ Einheitliche Regelungen gibt es bislang nicht, die Gesetze setzen der Schnüffelei nach Meinung der Datenschützer zu wenig entgegen.
Moorhuhnschützen im Visier
Genau wie bei der Internet-Nutzung. Größere Firmen wie DaimlerChrysler durchstöbern inzwischen die Rechner ihrer Angestellten nach den Adressen mit der höchsten Nutzungsrate. Tauchten gehäuft „Tabu“-Zonen wie „Moorhuhn“ oder rechtsextreme Seiten auf, würden diese generell für alle gesperrt. O.K., findet Holst. „Wenn die Daten nicht personenbezogen gesammelt werden, gibt es keine Einwände.“ Problematisch wird es, wenn gezielt am PC des Angestellten Netzvorgänge rekonstruiert werden. Deshalb fordert der Datenschützer, dass die Ergebnisse dieser Recherchen nicht bei Gerichtsverfahren verwendet werden dürfen. Schärfere Sanktionen gegen spionierende Arbeitgeber hält er jedoch für überflüssig. „In den meisten Fällen sind wir zufrieden, wenn die erhobenen Daten so schnell wie möglich wieder gelöscht werden.“ ksc
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