Mehrheit gilt als sicher: Schuldenbremse kommt
Die SPD-Linke will die Schuldenbremse noch lockern. Doch ihre Chancen, im Bundestag oder Bundesrat das Gesetz noch zu stoppen, sind gering.
Die SPD-Linke hat noch einmal einen kleinen Aufstand geprobt, um die Schuldenbremse zu verhindern. Doch am Ende blieb sie erfolglos. Bei einer Abstimmung in der SPD-Fraktion votierten knapp 20 SPD-Linke gegen den Schuldenstopp. Damit hat die große Koalition im Bundestag 37 Stimmen mehr als die erforderliche Zweidrittelmehrheit.
Björn Böhning, Sprecher der SPD-Linken, rechnet bei der Abstimmung am Freitag zwar mit einer "erklecklichen Zahl von Gegenstimmen". Doch dass die SPD-Linke offen gegen die Parteispitze rebelliert und das Gesetz kippt, ist ausgeschlossen. Fraktionschef Peter Struck hatte mit Rücktritt gedroht, falls die SPD-Linke nicht spurt. Im Juni muss dann noch der Bundesrat zustimmen, ebenfalls mit Zweidrittelmehrheit, da für die Schuldenbremse eine Grundgesetzänderung notwendig ist.
Bislang gilt, dass die Neuverschuldung nicht höher als die Investitionen sein darf. Ab 2020 soll der Bund nun nur noch geringe Schulden in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts machen dürfen. Das wären 2009 neun Milliarden Euro. Die Bundesländer dürfen gar keine Schulden mehr machen. Ausnahmen sind allerdings bei Abweichungen von der normalen Konjunkturentwicklung möglich.
Forciert hat die Verfassungsänderung vor allem die Union. Doch auch im SPD-Wahlprogramm findet sich, allerdings ohne Details, die Forderung nach der Schuldenbremse. Die SPD-Linke hatte versucht, dies zu verhindern, unterlag jedoch den SPD-Netzwerkern und Finanzminister Peer Steinbrück.
Wenig Chancen hat auch Matthias Platzecks Vorschlag, den Ländern wenigstens eine Neuverschuldung von 0,15 Prozent des BIP zu gewähren. Dies hatte der Ministerpräsident von Brandenburg vorgeschlagen, wohl auch um der SPD-Linken eine - allerdings wackelige - Brücke zu bauen. Die Union hat diesen Vorschlag bereits schroff zurückgewiesen.
Auch im Bundesrat zeichnet sich keine Sperrminorität von einem Drittel ab, die die Schuldenbremse in der jetzigen Form noch stoppt. Zwar ist der rot-rote Senat in Berlin gegen die Schuldenbremse, auch Länder mit CDU-Ministerpräsidenten wie Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein denken über eine Lockerung des totalen Schuldenverbots nach.
Gleichwohl ist ein Nein im Bundesrat unwahrscheinlich. Die Länder haben sich - auf Druck Bayerns - bereits auf das Schuldenverbot verpflichtet. Auch Jens Böhrnsen, SPD-Bürgermeister im rot-grün regierten Bremen, hält von einer Lockerung der Schuldenbremse nichts.
So bleibt als letzte Möglichkeit der Gang zum Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Der SPD-Linke Ralf Stegner hat angekündigt, Verfassungsklage einzureichen. Allerdings hat Karlsruhe in 60 Jahren noch nie eine Grundgesetzänderung gekippt.
Die SPD-Linke fürchtet bei dem Schuldenverbot einen Crash der öffentlichen Finanzen. Deshalb müsse die Schuldenbegrenzung nun durch eine "Einnahmesicherung durch Steuern" ergänzt werden. Ohne eine feste Steuerquote wird es "keine soliden Staatsfinanzen geben", heißt es in einem Brief, den unter anderem die Hamburger SPDler Ortwin Runde und Nils Annen unterschrieben haben.
Björn Böhning vertraut, wenn alles schiefgeht, auf die Macht des Faktischen. Es sei ja kein Zufall, so Böhning zur taz, dass das Schuldenverbot noch nirgendwo funktioniert habe. "Diese Schuldenbremse wird so nie umgesetzt werden", so Böhning.
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