: Mehr als nur Musikzumbier
■ Apel Peter Die Konzertreihe „Who's Uncle Mo?“ erfreut im Moments nun seit drei Jahren nicht nur Jazzfreunde. Die taz sprach mit dem Haupttäter: Peter Apel
Ob Jazzstandards oder Seemannslieder, ein Schweizer Hackbrettspieler oder ein britischer Saxophonist, Jazz/Literatur-Kollagen, Afro-Cuban-Grooves oder schaurig schöne Filmmusiken – in der Konzertreihe „Who's Uncle Mo?“ gibt es seit 1997 jeden Mittwochabend wieder eine andere musikalische Überraschung. Drei Jahre reichen zwar noch nicht für ein Jubiläum, aber ein „Mo-Biläum“ soll am nächsten Mittwoch gefeiert werden. Dazu werden sich sage und schreibe 17 verschiedenen Formationen auf den drei Bühnen des Moments mit kurzen Sets abwechseln, und ein wahrer Marathonlauf wird es wohl für den grandiosen Gitarristen Peter Apel werden, denn er spielt mindestens in jeder zweiten Band mit.
taz: Herr Apel, wie schaffen Sie es, bei „Who's Uncle Mo?“ auf so vielen Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen?
Peter Apel: Das machen eigentlich alle Jazz- oder Rockmusiker, die in solch einer kleinen Szene wie der von Bremen arbeiten. 10 Dinger hat da fast jeder an den Hacken, das sind 10 Nebenjobs und kein richtiger. Und die erste Idee hinter dem Projekt „Uncle Mo“ war ja auch, eine Plattform zu entwickeln, auf der man mit hiesigen und auswärtigen Musikern die unterschiedlichsten neuen Formationen gründen kann. Dahinter steht das Konzept der Musikerinitiative aus den 70er Jahren, nur moderner und ohne jede Vereinsmeierei.
Aber gibt es da nicht Grenzen? Ganz einfach, weil das Moments ein Club ist, und die Musik kneipenverträglich sein muss?
Ich fühle mich nicht verpflichtet, den Leuten die Musik zum Bier zu spielen. In der ersten Zeit war „Uncle Mo“ eine reine Jazz-Reihe, aber die mitspielenden Musiker waren einfach viel zu durchgeknallt, um sich so eingrenzen zu lassen. Mir geht es dabei auch mehr um Events als um reine Konzerte. Ich steh zum Beispiel total auf Verbindungen von Lesungen und Musik, wie sie etwa Uli Sobotta mit seinem Programm „The Canary Murder Case“ macht. Ich würde gerne eine Hörspielatmosphäre mit live gespielter Musik schaffen. Da gibt es beim Publikum dann manchmal auch Einbrüche, aber inzwischen hat es sich so eingepegelt, dass regelmäßig um die 100 Leute zu uns kommen.
Faszinierend ist dabei ja die Bandbreite der gespielten Musik. Das geht quer durch die Stile und Genres. Woher kommt diese Wandlungsfähigkeit?
Ich finde es einfach toll, dass ich im Moments von Country & Western bis zum Free Jazz alles spielen kann. Ich komme ja vom Modern Jazz und dem Avantgarderock. Für mich waren die frühen 70er Jahre die besten Jahre, und ich habe immer viel Radio gehört, daher die vielen Einflüsse. Um die ganz hohe Schule der guten Gitarre zu absolvieren, hätte ich mich 20 Jahre lang auf einen Stil wie etwa den Bebop konzentrieren müssen, aber mich interessieren stattdessen viele verschiedene Stile, die ich gerne mische. Ich arbeite gerne mit akustischen Kollagen.
Und dabei steckt dann auch viel Arbeit dahinter. Beim Konzert mit Songs von Dean Martin zum Beispiel kostete es Zeit, die Arrangements für Streichorchester auf ein Jazzquintett umzuschreiben. Auch eine „Miss-Marple-Melodie“, die eigentlich für das Spinett gedacht ist, auf der Gitarre zu spielen, bedeutet eine gewisse Herausforderung – wie beim Telstar-Konzert zu hören.
Dabei scheint Ihnen der kulturelle Status des Genres egal zu sein, denn Sie spielen deutsche Krimimusiken genauso ernsthaft wie Blues oder ambient music.
Ich verstehe mich ja grundsätzlich als Avantgardist, habe früher Noiseperformances gemacht, meine Gitarre mit Drähten verschraubt und konnte nie eine Melodie spielen. Wenn ich jetzt einen Song mit drei Akkorden spiele, ist das für mich revolutionär. Je harmloser und einfacher die Musik, desto extremer wird die Faszination.
Und es macht Spaß zu merken, wie viel man mit zwei Tönen ausdrücken kann. Im Jazz spielt man manchmal tausend Töne - und hat immer noch nicht genug gesagt. Und wenn ich jetzt manchmal nur mit einer Note arbeite, ist das schon wieder Avantgarde.
Das Gespräch führte Wilfried Hippen
Die „Non-Stop-Live-Music-Jubilee-Party“ von „Who's Uncle Mo“ findet am Mittwoch ab 20 Uhr im Moments statt
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