Ich finde es prinzipiell sehr gut, dass dieses Thema nun endlich auch von den Medien aufgegriffen wird, würde mir aber noch mehr Unterstützung in den Medien wünschen.
Wir Tagesmütter haben offensichtlich immer noch keine nennenswerte Lobby, denn bei den bisherigen Überlegungen und Entscheidungen in der Politik und größtenteils auch den Berichten in den Medien wurden zwar die Interessen der Eltern berücksichtigt, die Belange der Tagesmütter selbst aber völlig außen vor gelassen. Die Situation der Tagesmütter wird sich durch die vorgesehene neue Gesetzgebung sogar erheblich verschlechtern, sodass viele erfahrene Tagesmütter vor dem Aus stehen, weil ihre Arbeit quasi zum Zuschussgeschäft wird.
Vor allem die Diskussion um Mindestlöhne in anderen Branchen wird meiner Meinung nach völlig lächerlich, wenn man die Verdienstmöglichkeiten einer Tagesmutter im Hinblick auf ihre Leistung und die enorm große Verantwortung, die sie trägt, betrachtet. Es gehört schon sehr viel Kinderliebe und Enthusiasmus dazu, um diesen nicht einmal anerkannten Beruf auszuführen, denn wirklich Geld verdienen kann man damit bisher nicht.
Natürlich ist in einer Tagespflegefamilie vieles anders als zu Hause oder in einer Kinderkrippe. Eine Tagesmutter wird niemals ein Programm wie öffentliche Betreuungseinrichtungen (Kinderkrippe, Kindergarten) bieten können. Die private Tagespflege versteht sich als familienergänzendes Angebot für berufstätige Eltern oder solche, die ihr Kind - aus welchen Gründen auch immer - zeitweise fremd betreuen lassen möchten/müssen.
Eine falsche Annahme, die mir aber - besonders seit in der Politik die Rede vom Ausbau und Förderung der Kinderbetreuung die Rede ist - in Gesprächen sehr häufig begegnet ist, dass wir Tagesmütter ähnlich wie Kinderkrippen und Kindergärten staatliche oder kommunale Zuschüsse oder Fördermittel erhalten würden oder gar ein Gehalt von den Kommunen beziehen würden. Dem ist aber leider in der Regel nicht so! Eine Tagesmutter muss nach wie vor alle ihre Kosten (s.u.) selbst tragen. Es werden bisher lediglich mehr Fortbildungsmöglichkeiten für Tagesmütter gefördert.
Der Betrag, den die Eltern monatlich für die Unterbringung ihres Kindes zahlen, ist nicht gleichzusetzen mit dem Verdienst der Tagesmutter! Der Verdienst errechnet sich allein nach dem Betreuungsgeldanteil (Monatspauschale nach Abzug der Betriebskostenpauschale), der dann allerdings grundsätzlich als Einnahme aus selbständiger Arbeit noch versteuert werden muss!
Mit der Betriebskostenpauschale werden die Kosten für die Nahrungsmittel und Getränke finanziert, die das Kind bei der Tagespflegefamilie zu sich nimmt, aber auch z.B. Investitionen in Spielzeug, Bücher, Hochstühle, Kinderbetten, Bettwäsche, Bettzeug, Matratzen, Autositze, Fahrradsitze, Kinderwagen, Buggys, Lätzchen, Geschirr, Besteck, Bastelmaterial, usw., die alle einem viel höheren Verschleiß unterliegen als in "normalen" Familien und deshalb wesentlich öfter erneuert, repariert oder gekauft werden müssen. Durch die Anwesenheit von wesentlich mehr Kindern im Haushalt steigen natürlich auch die Nebenkosten wie Strom, Wasser, Müllgebühren, Heizkosten, der Verbrauch an Putz- und Waschmitteln usw. Die Tagesmutter stellt (je nach Vereinbarung) auch Pflegeprodukte wie Wickeltücher, Windeln, Wundschutzcreme, Sonnenmilch und natürlich Toilettenpapier, Seife, Taschentücher etc. Auch das kostet Geld.
Nicht zuletzt die wichtigen und teilweise unumgänglichen Versicherungen der Tagesmutter, die ja nicht angestellt sondern selbständig tätig ist, müssen davon bezahlt werden. Dazu gehören eine Haftpflicht-, eine Unfall-, eine Kranken- und eine Rechtschutzversicherung. Seit neuestem müssen (ab einem steuerpflichtigen Einkommen von mehr als 400 €) die Pflichtbeiträge an die BFA für die Rente getragen werden.
Auch Beiträge zum Tagesmütterverein, zu Berufsverbänden, Kosten für Fortbildungen (die in der Freizeit und somit als unbezahlte Zeit gemacht werden und trotzdem wichtig sind) und Fachliteratur, Werbekosten für freie Plätze etc. fallen an.
Das alles muss erst einmal verdient werden! Doch eine Tagesmutter hat nicht selten wochen- bzw. monatelang freie Plätze und somit auch erhebliche Verdienstausfälle.
Einer Tagesmutter wird vom Finanzamt eine sogenannte (steuerfreie) Betriebskostenpauschale vorgegeben, die sich nicht an den tatsächlichen Ausgaben orientiert, sondern im Jahre 1988 festgelegt wurde. Das sind zum Beispiel bei einem Kind, das 5 Tage die Woche für jeweils mindestens 6 Stunden kommt, gerade mal 246 € monatlich. Eine Anpassung der Betriebskostenpauschale für 5 x 8 Stunden Betreuung auf dann 300 € ist erst 2009 vorgesehen.
Deshalb nehme ich, wie die meisten Tagesmütter, auch grundsätzlich eine über das ganze Jahr festgelegte monatliche Betreuungspauschale, bei der Urlaubs-, Feier- und Krankheitstage durch bezahlt werden, denn die o.g. Nebenkosten müssen ja auch durchgängig bezahlt werden.
Manche Eltern beschweren sich darüber, wenn die Tagesmutter bezahlten Urlaub nimmt, meist mit dem Argument, dass sie ja für diese Zeit eine Ersatzbetreuung brauchen.
Ich möchte deshalb zu bedenken geben, dass jeder, der arbeitet, im Allgemeinen eine gewisse Anzahl von bezahlten Urlaubstagen in Anspruch nimmt und dass die Tagesmütter ihren Urlaub in der Regel auch immer so rechtzeitig bekannt geben, dass die Eltern ihren Urlaub damit abgleichen können und somit keine Ersatzbetreuung nötig wird.
Das Gleiche gilt für Krankheitstage auf beiden Seiten: Die Tagesmutter hat sich die Zeit zur Betreuung des Kindes freigehalten und behält deshalb auch den Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Bezahlung. Auch wenn ein Kind früher abgeholt wird oder vorzeitig aus der Betreuung ausscheidet behält die Tagesmutter den Anspruch auf Bezahlung während der Kündigungsfrist, da sie ja dem Kind auch den Platz reserviert hat bzw. willens war, das Kind bis zum vereinbarten Zeitpunkt zu betreuen und alle Termine darauf abgestimmt hat.
Wenn man nun die Kosten der Kinderbetreuung gegen die Arbeitszeiten der Tagesmutter aufwiegt, wird man sehr schnell feststellen, dass man durch den Beruf der Tagesmutter nicht wirklich reich werden kann, und dass sehr viel Idealismus und Kinderliebe dazugehört, um dies Arbeit auszuüben. Ich hoffe auf und kämpfe für Anerkennung meines Berufes bei Eltern, Kolleginnen, Politikern und allen Menschen, damit meine Arbeit vielleicht irgendwann einmal von allen anerkannt wird, denn leider haben meine Kolleginnen und ich die Erfahrung gemacht, dass oft jede Putzfrau anerkannter ist als wir, da diese nach vieler Leute Meinung „richtig arbeitet" , während wir „nur ein bisschen mit den Kindern spielen...". Oder wie sonst ist es zu verstehen, dass einer Putzfrau selbstverständlich 8 bis 12 € in der Stunde gezahlt werden, mit der Tagesmutter aber oft um jeden Cent gefeilscht oder über die Höhe der quittierten Kosten diskutiert wird? Und bei der Putzfrau ist das Geld, das sie erhält, wirklich der Reingewinn, da ihr die Arbeitsmaterialen gestellt werden! Ebenso selbstverständlich wird einem Babysitter (der ja meist nicht volljährig ist und auch keinerlei Qualifikation vorweisen muss) oft ein Stundenlohn von 7-10 Euro und mehr gezahlt.
Ich möchte nicht die Putzfrauen abqualifizieren und finde natürlich auch Babysitter prinzipiell in Ordnung, doch ich denke, das sind gute Vergleichsbeispiele zur Tagesmutter... Öfter schon kam mir der Gedanke ob denn manchen Menschen eine saubere Wohnung wichtiger ist - und daher finanziell selbstverständlich auch besser honoriert wird - als eine liebevolle und engagierte Betreuung und Förderung ihrer Kinder.
Ich hoffe, dass ich mich damit bei dem Großteil der abgebenden Eltern irre und denen, die bisher dem Irrglauben verfallen waren, dass eine Tagesmutter mit einem bisschen Spielen, Wickeln und Füttern bei den üblichen Betreuungssätzen reich wird, einen Anstoß zum Nachdenken gegeben habe. Sie alle - auch diejenigen, die bereits eine Tagesmutter haben/hatten und auch zufrieden ihre Arbeit honoriert haben - zeigen nun sicherlich Verständnis dafür, dass eine private Betreuung in punkto Kosten nicht mit den billigeren (aber vielfach subventionierten) öffentlichen Einrichtungen konkurrieren kann.
Am Ende dieses Briefes ist es mir noch einmal besonders wichtig zu betonen, dass ich seit Jahren wirklich gerne und erfolgreich als Tagesmutter arbeite und bisher überwiegend gute Erfahrungen machen durfte und auch die Absicht habe, noch viele Jahre als Tagesmutter tätig zu sein, sofern mir die Politik dies gestattet.
Mit freundlichen Grüßen,
Bianca Gärtner
http://www.mamabianca.de
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