Mehr Fahrgäste, weniger Profit: Bahn-Gewinn fällt ins Wasser
Hochwasser und Stürme wirken sich negativ auf die Bilanz der Deutschen Bahn aus. Im Konflikt mit Russland setzt der Staatskonzern auf Deeskalation.
BERLIN taz | Die Deutsche Bahn ist anfällig für schlechtes Wetter – auch wenn sie einst das Gegenteil behauptete. Das Frühsommerhochwasser im vergangenen Jahr hat die Bilanz des bundeseigenen Mobilitätskonzerns gehörig vermasselt. Aufgrund mehrmonatiger Sperrungen und Fahrzeitverlängerungen wegen des Hochwassers sei die Zahl der Reisenden im Fernverkehr im zweiten Halbjahr 2013 deutlich zurückgegangen, teilte das Unternehmen am Donnerstag bei der Vorstellung seiner Jahresbilanz mit.
Im Gesamtjahr sei ihre Zahl mit 131 Millionen Fahrgästen im Vorjahresvergleich gerade mal konstant geblieben, obwohl sie im ersten Halbjahr noch deutlich gestiegen war.
Insgesamt hat die Bahn im vergangenen Jahr ihre Ziele verfehlt. Trotz gestiegener Fahrpreise sank der Umsatz leicht um 0,3 Prozent auf gut 39,1 Milliarden Euro; das Jahresergebnis reduzierte sich um mehr als 55 Prozent auf 649 Millionen Euro. Davon überweist die Bahn als Dividende 200 Millionen Euro an den Bund, 150 Millionen Euro weniger als im Vorjahr.
„Vor allem das Wetter hat uns 2013 in wahrsten Sinne des Wortes nasskalt erwischt“, sagte Bahnchef Rüdiger Grube. Zwei Stürme im Herbst und das Hochwasser im Sommer hätten Schäden in dreistelliger Millionenhöhe verursacht. Belastend hätten sich auch höhere Kosten für Personal sowie die schwache Konjunktur ausgewirkt, die der Logistiksparte zu schaffen machte.
Dabei nutzen immer mehr Menschen die Bahn – vor allem im Nahverkehr, der von den Bundesländern bestellt wird. „Die allgemeinen Mobilitätstrends sprechen für die Bahn“, so Grube. Schließlich sei sowohl die Zahl der Pkw-Neuzulassungen rückläufig als auch die der innerdeutschen Fluggäste.
Sorge wegen Russland
Mit Sorge blickt Grube nach Russland. „Für uns ist das oberste Gebot Deeskalation.“ Es gehe in Russland um ein Geschäftsvolumen von 250 Millionen Euro, was für den gesamten Konzern nicht viel sei. „Aber auch diese 250 Millionen Euro wollen wir nicht gefährden.“
Seit Jahren kooperiert die Deutsche Bahn mit der russischen Staatsbahn. Dabei geht es nicht nur um Rohstofflieferungen per Zug nach Deutschland – etwa aus Kasachstan, der Mongolei und Russland selbst –, sondern auch um direkte Züge nach China, die von der Elektro- und Autoindustrie genutzt werden.
Kritik an der Bahnpolitik
Das DB-kritische Bündnis „Bahn für alle“ kritisierte die Bilanz des Unternehmens. „Erneut ist der bescheidene Gewinn überwiegend aus Steuermitteln finanziert“, sagte Bündnissprecher Bernhard Knierim. „Die DB AG scheitert als globaler Logistiker, und sie hält trotz milliardenschwerer staatlicher Zuschüsse das Netz nicht Instand.“
Das Unternehmen müsse dringend mehr echte Bahner einstellen – nicht nur in Mainz, wo es im vergangenen Jahr auf Grund krankheitsbedingter Personalausfälle im Stellwerk zu wochenlangem Chaos auf den Schienen kam.
„Das Hauptproblem im Bahnnetz sind die unzureichend ausgebauten Knoten und die geplünderte Kapazität durch 60.000 herausgerissene Kreuzungen und Weichen“, so Heiner Monheim, Bahnexperte an der Universität Trier. „Sie sind der Hauptgrund für Verspätungen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs