Kommentar (Bericht Seite 23): Mehr Bier, Justus!
■ Klassik ist nicht zu schade zum Picknick
Und wer ist hier der Spielverderber? Der Bildungsbürger? Der alte Streit um die Reinheit der Kultur tauchte am Freitagabend wieder auf anläßlich von Justus Frantz' „Last Night of the Proms“ auf der Galopprennbahn Vahr, das sich eher als Event denn als Konzert versteht. Gut, Justus Frantz steht nicht in der ersten Garde der Weltrangliste der Dirigenten. Doch als 1895 der englische Dirigent Henry Wood die Promenade Concerts gründete, wollte er etwas für die Volksbildung tun. Für moderne Musik wollte man dieSchwelle absenken und mit Unterhaltung ein Publikum gewinnen. Am letzten Abend im September dieses Superfestivals wird in Ascot die Sau rausgelassen. Darauf bezieht sich Frantz' Versuch in Bremen. Kein Einsatz für sperrige Musik und die Eintrittspreise verhindern die Beteiligung des Volkes – doch die Unterhaltung ist geblieben.
Nach all den Berichten aus Bayreuth und Salzburg, die den Sommer über die Spalten des Feuilletons füllen, kann ein wenig schlechter Geschmack nicht schaden. Warum nicht Frikadellen zu Wagner und Wunderkerzen. Klar ist die Wiedergabe auf der CD lupenrein und ungestört von Tröten, aber das wußte doch jeder Kartenkäufer vorher. Und wann kann man schon all die schönen Strohhüte und Picknickkörbe zum Einsatz bringen. Ein Versuch ist es zumindest wert, auch dieses britische Erfolgsrezept zu probieren. Nur das Bier sollte billiger sein und besser verkauft werden. Susanne Raubold
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