Mehr Akzeptanz für Computerspiele: Wenn Eltern daddeln lernen
In Sachen PC-Spiele wissen viele Erwachsene nicht, was ihre Kinder treiben. Die Bundeszentrale für politische Bildung lud deshalb Eltern zur LAN-Party ein.
Beim Ego-Shooter "Counter Strike" geht es nicht nur um das "Abknallen" anderer Gamer, sondern vor allem um die Teamarbeit beim klassischen "Räuber und Gendarm"-Spiel zwischen zwei Gruppen. Das ist eine der Erkenntnisse, die mehrere Hundert Erwachsene am vergangenen Freitag auf dem so genannten "Eltern-LAN" im Bochumer RuhrCongress-Zentrum machen konnten.
Die Veranstaltung, die von der Bonner Bundeszentrale für politische Bildung (BPB) in Zusammenarbeit mit dem "E-Sports"-Ausrichter Turtle Entertainment und weiteren universitären und gemeinnützigen Partnern durchgeführt wurde, sollte Vorurteile abbauen und Verständnis zwischen den Altersgruppen wecken. Eltern stünden der Faszination ihres Nachwuchses oft ratlos gegenüber, hieß es in der Ankündigung. Man wolle deshalb eine Brücke zwischen den Generationen bauen und Einblicke in jugendliche Medienwelten geben.
Was auf dem Papier noch recht trocken klang, wurde dann "live" ganz praktisch: In der Halle konnten die Anwesenden Titel wie das Rennspiel "Trackmania", das Echtzeit-Strategie-Rollenspiel "Warcraft III" oder aber auch "Counter Strike" ausprobieren, den erst ab 16 Jahren zugelassene Terroristen-Hatz-Shooter, der in den Medien häufig als gewaltverherrlichend tituliert wird. Damit letzteres auch funktionierte, gab es eine genaue Anleitung: "Counter Strike wird mit einer Kombination aus Maus und Tastatur gesteuert. Mit der Maus kann man die Blickrichtung der Spielfigur ändern und die sichtbare Waffe durch das Drücken der linken Maustaste abfeuern."
Laut dem IT-Nachrichtenangebot "Heise Online", der in Bochum vor Ort war, gaben sich die Eltern dabei erstaunlich sportlich: "Ich kann zwar weiter bei schnellen Spielanforderungen von meinem Sohn nicht als Spielpartner akzeptiert werden, aber nach dieser umfassenden Bildungsveranstaltungjetzt wieder auf Augenhöhe mitreden", sagte ein Vater dem Dienst.
Bei der BPB meint Projektleiter Arne Busse unterdessen, es gehe bei solchen Veranstaltungen vor allem darum, medienpädagogisch zu begleiten. Tatsächlich herrscht zwischen Erwachsenen und ihrem Nachwuchs in Sachen PC- und Konsolenspiele viel Unverständnis. Das zeigt sich auch regelmäßig in der Verbotsdiskussion um so genannte Gewalt-Games, die auf die betroffenen Spieler oft panisch wirkt. Zuletzt erwogen einige Politiker sogar, die Herstellung solcher Titel unter Strafe zu stellen - dabei sind sie hier zu Lande sowieso oft nur unter dem Ladentisch zu bekommen, wenn sie überhaupt auf den Markt gelangen.
So sind Spiele der "Gears of War"-Serie, die zu den Toptiteln auf Microsofts "Xbox 360" gehören, in Deutschland bislang noch nicht erschienen, weil sie keine Zulassung erhielten - in Österreich oder Polen sind sie hingegen ganz normal im Handel und zu kaufen, wenn man sich als Erwachsener ausweist.
Lehrreich dürfte für die anwesenden Eltern auch gewesen sein, dass beim "Eltern-LAN" nicht nur eigenes Daddeln möglich war, sondern auch das Zusehen bei Profis aus der ESL-Spieleliga, die europaweit die besten Gamer kürt und in der es inzwischen hohe Preisgelder zu gewinnen gibt. Die E-Sportler trugen parallel auch noch einen Wettkampf aus und zeigten unter anderem am Fußballspiel "FIFA 08", wie sie mit dem Rechner umgehen. Ein 15jähriger, der die sonstigen Räume, in denen Spiele ab 16 vorhanden waren, natürlich nicht betreten durfte, gewann dabei.
Die "Eltern-LANs" sind inzwischen so erfolgreich, dass die BPB daraus inzwischen eine Veranstaltungsserie gemacht hat. Die nächste Veranstaltung findet am 6. Dezember in Köln statt. Ein ähnliches Konzept verfolgt die so genannte "LAN-Party für Eltern", die die Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen regelmäßig durchführt. Dort hat sich sogar die Landessozialministerin als Schirmherrin bereitgefunden.
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