Mega-Solarkraftwerk in Ägypten: Es wird die größte Anlage der Welt
Ein Solarkraftwerk, das eine so große Menge Strom wie ein AKW erzeugt? In Ägypten könnte diese Vision nun Wirklichkeit werden.
„1,6 Millionen Tonnen CO2 werden hier eingespart und 20.000 Haushalte werden mindestens für 25 Jahre mit Strom versorgt“, schwärmt Anton Milner, Geschäftsführer der Berliner Firma ibvogt, die das Projekt entwickelt hat. Er steht bei der Einweihung der Anlage Mitte März im Schatten eines der Module, die durch die Kooperation des deutsch-ägyptischen Privatsektors errichtet worden sind. Die Finanzierung wird mit deutschen Hermeskrediten abgesichert. Das Projekt soll am Ende durch einen zeitlich festgesetzten garantierten Abnahmepreis finanziert werden.
Doch was bisher zu sehen ist, soll erst der Anfang einer weitreichenden Expansion der Anlage sein. Am Ende soll das Sonnenkraftwerk 40 mal so groß sein und jährlich 1,86 Gigawatt Strom erzeugen – so viel wie ein großes Atomkraftwerk. Aufträge für eine weitere 150 Fußballfelder große Fläche sind schon jetzt vergeben. Weitere Bauarbeiten haben bereits begonnen. Der Rest soll folgen. Wenn die gesamte Fläche einmal mit Solarmodulen vollgebaut ist, soll Benban das größte Solarkraftwerk der Welt sein.
Ägyptens Strombedarf wird heute zu 10 Prozent von erneuerbaren Energien abgedeckt. Energieminister Mohamed Shaker erklärt bei der Einweihung des Solarkraftwerks die energiepolitische Vision des Nillandes. „Unser Ziel ist es, dass bis zum Jahr 2035 etwa 37 Prozent unseres Strombedarfs mittels erneuerbarer Energien produziert wird. Aber wir gehen davon aus, dass wir das sogar übertreffen werden und auf 45 Prozent kommen“, sagt Shaker selbstbewusst.
Sonne, Sand und Staub
Ob dieser Plan realistisch ist, steht derzeit noch in den Sternen. Aber die Bedingungen für Windenergie am Roten Meer und Sonnenenergie im ganzen Land sind optimal. „Wir haben hier ideale Sonnenverhältnisse und mit die stärkste Sonneneinstrahlung der Welt für Solarenergie“, schwärmt Milner.
Doch es gibt auch ein Problem, dass es zu bewältigen gilt. In der Wüste gibt es nicht nur Sonne, sondern auch Sand und Staub im Überfluss. „Wir haben Traktoren mit Reinigungsgeräten und müssen stetig saubermachen“, erklärt Milner. „Als wir die Anlage in Betrieb genommen haben, gab es einen großen Sandsturm – da konnten wir gleich wieder von vorne anfangen“. Wenn nicht regelmäßig gereinigt wird, kann die Anlage schnell 10 bis 15 Prozent ihrer Leistungsfähigkeit einbüßen, sagt er.
Alle zwei Wochen kommt der Wassertraktor zur Reinigung an jedem Modul vorbei. Die zahllosen rostigen Wassertankwagen, die man auf dem Weg zur Anlage auf der Sandpiste vorfindet, zeugen von den Problemen. Aber auch für die Reinigung der Solarmodule in der Wüste gibt es Zukunftsvisionen. „Es wird daran geforscht, ob man Drohnen mit Ultraschall einsetzen kann“, erzählt Milner.
Bleibt die Frage, ob die Zukunft der ägyptischen Solarenergie ausschließlich in Großkraftwerken wie Benban liegt – oder auch in kleinen Privatanlagen. Milner orakelt, dass es in Ägypten wahrscheinlich am Ende eine Mischung aus großen Anlagen für die Grundversorgung und kleinen Einheiten in Privathaushalten geben wird. Das sei kein Widerspruch, auch wenn es in der ägyptischen Wüste mehr als genug Platz für große Anlagen gibt.
Stromkorridor für die Nachbarländer
Vor neun Jahren hat sich ein Konsortium internationaler Konzerne zu der sogenannten Desertec-Initiative zusammengeschlossen. Die Vision: In Nordafrika gigantische Wüstenstrom-Projekte zu initiieren, mit denen auch Europa mit Strom versorgt werden kann. Was mit großem Enthusiasmus begann, verlief dann aber bald im Sand. Man fand keine zufriedenstellende Möglichkeit, kostengünstig und effektiv Leitungen nach Europa zu verlegen. Heute arbeitet man an anderen Konzepten. „Eigentlich hat Europa mehr als genug natürliche Einstrahlung, um seinen eigenen Strom zu produzieren. Wenn man in Nordafrika mit seinem steigenden Energiebedarf baut, dann ist der Strom besser dort eingesetzt“, sagt Milner.
Tatsächlich träumt Ägypten davon, mithilfe erneuerbarer Energien auch ein Stromkorridor für die Nachbarländer zu werden. Energieminister Shaker strebt Kooperationsabkommen mit Jordanien und Saudi-Arabien an. Auch mit Zypern sei man im Gespräch. Aber mit einer Bevölkerung von fast 100 Millionen Menschen – und einem jährlichen Bevölkerungswachstum von fast zwei Millionen – dürfte Ägypten zunächst damit beschäftigt sein, den eigenen Bedarf zu decken.
Im globalen Maßstab sind die erneuerbaren Energien nicht mehr aufzuhalten, ist sich Anton Milner sicher. Noch machten erneuerbare Energien lediglich 1 bis 2 Prozent der weltweiten Stromproduktion aus. Aber der Energiebedarf steige – vor allem in Afrika, im Nahen Osten und in Südostasien. Schon heute werde mehr Geld in erneuerbare Energien gesteckt als in herkömmliche Energie. Allein im vergangenen Jahr wurden weltweit 240 Milliarden Dollar in erneuerbare Energien investiert.
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