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Mediensatire "8th Wonderland"Kondome für Katholiken

Der französische Spielfilm "8th Wonderland" erzählt von Aufstieg und Fall einer virtuellen Basisdemokratie. Die beiden Regisseure stellen sich leider nicht besonders geschickt an.

Im virtuellen Staat für offizielle Statements zuständig: Robert William Bradford als David. Bild: dpa

Auf den ersten Blick macht dieser Film ziemlich viel richtig. Endlich mal ein Film, denkt man, der der Frage nachgeht, ob und wie sich das Internet als Mittel der politischen Agitation wirkungsvoll nutzen lässt und dessen offene narrative Struktur - es wird gänzlich auf eine Hauptfigur verzichtet - die Frage, ob Demokratie in Reinform überhaupt möglich ist, auch auf formaler Ebene widerspiegelt. Die Grundidee von "8th Wonderland" ist Folgende: Menschen aus aller Herren Länder haben sich über das World Wide Web zu einem virtuellen Staat zusammengeschlossen, in dem allwöchentlich über Aktionen abgestimmt wird, die anschließend von den Bewohnern als Reaktion auf geopolitische Ereignisse umgesetzt werden.

So wird in einer Nacht-und-Nebel-Aktion im Vatikan ein Kondomautomat aufgestellt. Profifußballer werden entführt und müssen fortan in einem chinesischen Sweatshop unter menschenunwürdigen Bedingungen ihre eigenen Schuhe zusammenflicken. Und Atomgespräche zwischen Russland und Iran werden durch gezielte Fehlinformationen torpediert.

Immer häufiger geraten die waghalsigen Aktionen ins Zentrum der medialen Berichterstattung, immer größer wird so der Wirkungsradius der virtuellen Guerillatruppe. Doch dann tauchen erste Probleme auf: Ein Mann tritt im Fernsehen auf und behauptet, Staatschef des basisdemokratischen Wunderlands zu sein, und ein Sicherheitsleck zwingt mehrere Bewohner dazu, im webfreien Niemandsland unterzutauchen. Durch den wachsenden Druck radikalisiert sich der Staat zusehends, der anfängliche Idealismus weicht nach und nach einer skrupellosen Terrorideologie.

"8th Wonderland" birgt einige durchaus interessante Gedankenspiele, in denen es vor allem um die Frage nach dem Preis geht, den man für die Erschaffung einer besseren Welt zu zahlen bereit ist. Trotzdem funktioniert der Film nicht. Das liegt vor allem daran, dass die Bewohner des Landes praktisch nie in ihrem privaten Lebensumfeld gezeigt werden. Und wenn doch, dann verhandeln sie genau jene Themen, die sie soeben in der virtuellen Gemeinschaft diskutiert haben. Hier gibt es keinen privaten Raum, der sich in irgendeiner Weise vom öffentlichen abgrenzen ließe, das virtuelle Land selbst ist letztendlich kaum mehr als ein in split screens zerstückelter Chatroom.

Und so stellt sich recht bald ein Gefühl von extremer Sterilität ein, das daraus resultiert, dass die Regisseure Nicolas Alberny und Jean Mach ihre Figuren zu bloßen Sprachrohren bestimmter Meinungen degradiert haben, die robotergleich Thesen reproduzieren, ohne dass nachvollziehbar wäre, warum sie so und nicht vollkommen anders handeln. Der Film versinkt in einem Sumpf aus Kontingenz: Alles scheint möglich, nichts geschieht aus einer erkennbaren Notwendigkeit heraus.

Hinzu kommt, dass "8th Wonderland" nicht nur die Mechanismen des Cyberspace, sondern gleich auch noch die des Fernsehens dekonstruieren möchte. Dies geschieht vor allem anhand von Nachrichtensendungen, in denen wechselnde Moderatoren über die Aktionen der Gruppe berichten. Aufgrund dieser Rahmung verliert sich die Geschichte mehr und mehr in einem abstrakten Raum, der den Erkenntniswert gegen null gehen lässt. Sidney Lumets "Network", mittlerweile 34 Jahre alt, ist jedenfalls auch heute noch um ein Vielfaches genauer darin, die Fieberkurve des öffentlichen medialen Interesses zu kartografieren. Und Regisseure wie Bruce McDonald oder Oliver Stone haben in ihren Medienreflexionen schon vor Jahren sehr viel klarer Form und Inhalt zueinander in Relation gesetzt.

"8th Wonderland". Buch u. Regie: Nicolas Alberny und Jean Mach. Mit Matthew Géczy, Eloissa Florez u. a., Frankreich 2008, 94 Min.

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5 Kommentare

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  • F
    Floi

    Schlecht gemachte und

    Natürlich gewinnt ein weißer Mann die Wahlen zum Botschafter von 8th Wonderland, natürlich wird die Frauenrechtlerin als einzige als nicht dem herrschenden Schönheitsideal (und irgendwie auch älter als die anderen !?) entsprechend, manche würden sagen hässlich, dargestellt. Natürlich kandidiert das hübsche Dummchen für selbige mit dem Wahlversprechen, ihre Brüste zu zeigen. Natürlich tanzen die Afrikaner_innen nachdem die G8 endlich beschlossen haben, sie zu retten.

    Das Kommunikationsportal ist natürlich in schickem Design mit viel Weiß und runden Buttons und auf den Computern der Bürger_innen können wir schöne Äpfel bestaunen.

    Würden wir nur alle Apple kaufen, dann wäre die Welt ein besserer Ort!

     

    Ekelhaft.

  • D
    Dulcinea

    ...och, mensch ...

  • T
    Takezo

    Der Film ist wirklich Schlecht, sehr Übel. Egal was für Alternativen ihr an dem Abend habt, es sind alle besser als 94 min. so zu verlieren.

  • P
    pompelmo

    Ich habe den Film schon in einer Sneak-Preview gesehen. Zuerst war ich ja froh, einen Independent-Film zu sehen, aber bald habe ich gemerkt, dass der Film sowohl handwerklich als auch narrativ miserabel gemacht ist. Die Story hat keine Tiefe, die Bilder bleiben flach und die visuellen Effekte sind unterstes Niveau. Sehr schade, die Franzosen haben hier die Chance verpasst, einen bahnbrechenden Film abzuliefern. "8th Wonderland" zeigt lediglich, dass eine gute Idee noch lange keinen guten Film macht und krankt damit an dem selben Symptom wie das Hollywood-Kino der letzten Jahre. Doch wo "Avatar" wenigstens dank Millionen-Einsatz technisch zu überzeugen wusste, mangelt es "8th Wonderland" aufgrund niedrigen Budgets an allen Ecken.

  • DQ
    Don Quichote

    Das ist doch gar nicht soweit hergeholt. Es gibt den virtuellen Staat ohne Territorium schon eine ganze Weile. Das Kunstprojekt NSK (www.nskstate.com).

     

    Ich werde mir den Film auf jeden Fall anschauen. Auch wenn Kritik vielleicht nicht perfekt und umfassend ist bzw. sein kann, ist es besser als ein weiterer ermüdender Hollywoodblockbuster mit Schema-F-Prinzip und exakter szenenweiser Zielgruppenansprache.