Medienkontrolle in China: Bloggen gegen die Zensur
An den scharfen Kontrollen der Regierung kommen in China fast keine Medien vorbei. Der Versuch, die Zensur dennoch zu umgehen, führt immer mehr Menschen ins Netz.
![](https://taz.de/picture/287713/14/chinainternetchina.20101208-17.jpg)
Zhao Hejuan ist Reporterin bei der für Wirtschaftsmagazine bekannten Mediengruppe Caixin und bloggt wie viele chinesische Journalisten unbezahlt nebenher. Caixin gilt zwar als liberal und mutig, doch sagt Zhao: "In meinem Blog bin ich freier." Bei Caixin nehmen sich 100 der 300 Journalisten diese Freiheit.
"Früher habe ich bei Sina.com gebloggt", sagt Zhao am Rande des 3. deutsch-chinesischen Mediendialogs vergangene Woche in Peking. Sina ist Chinas größtes Portal. Nur bei wenigen Portalen und offiziellen Medien darf nach namentlicher Registrierung gebloggt werden. "Bei Sina wurden meine Blogs gelöscht, wenn sie als zu sensibel galten. Bei meinem Blog bei Caixin musste ich bisher nur Sätze streichen." Dort üben Kollegen Selbstzensur, damit Caixin seine Lizenz behält. Zhaos Blog über Schanghais Umgang mit dem jüngsten Hochhausbrand hatte 10.000 Leser.
"China hat exzellente Journalisten, aber keine exzellenten Medien", sagt Zhao Mu. Er ist Direktor der Blogabteilung von Sohu.com, Chinas zweitgrößtem Portal mit nach Zhaos Angaben 30 Millionen Blogs. 2009 gab es laut dem regierungsnahen China Internet Information Center gab 145 Millionen Blogs bei 420 Millionen Internetnutzern.
Zhao wertet mit 20 Mitarbeitern täglich Blogs namhafter Journalisten, Wissenschaftler und Experten aus und verlinkt sie mit Sohus Nachrichtenseite. Dort dürfen nur Beiträge staatlicher Medien stehen. Doch Werbeeinnahmen generieren vor allem die Blogs. "Wir sind den Behörden dankbar für die scharfen Kontrollen der traditionellen Medien, sonst würden die Leser ja nicht zu uns kommen", sagt Zhao.
In China sind die Blogs öffentliche Foren für die Bevölkerung geworden, die bisher keinen Zugang zur Öffentlichkeit hatte. Doch auch Sohu beschäftigt laut Zhao rund 100 Zensoren, die Blogs nach sensiblen Wörtern filtern müssen. "Taucht das Wort Falun Gong auf, wird der Blog geprüft. Wird Falun Gong positiv beschrieben, wird er gelöscht", so Zhao. Die Sekte ist in China als "gefährlicher Kult" verboten.
Laut Zhao lässt die Regierung zu viel zensieren, obwohl sich nur zwei Prozent der Blogs mit Politik beschäftigten. Beim deutsch-chinesischen Mediendialog schätzten Teilnehmer, dass in China mindestens zehn Prozent aller Blogbeiträge gelöscht werden. Aktuellstes Beispiel ist Wikileaks. Dessen Webseiten sind in China gesperrt und all seine China-relevanten Enthüllungen sind tabu.
Doch triumphieren manchmal auch die Blogger. So im Fall Li Gang, des Polizeichefs der Millionenstadt Baoding. Sein Sohn Qiming hatte angetrunken eine Studentin überfahren und trotz Zensur verbreitete sich dies durch Blogs. Die Behörden mussten sich schließlich dem vom Netz ausgehenden Volkszorn beugen und Li Qiming festnehmen. Einig waren sich die chinesischen Teilnehmer, dass die Restriktionen zunehmen. Gerade erst war die 6. nationale Blogger-Konferenz in Schanghai verboten worden. Dass jetzt überhaupt ein Dialog stattfinden konnte, ist schon ein Erfolg.
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