Medien: Multiprotesti gegen den RBB
Parteiübergreifender Protest aus dem Abgeordnetenhaus gegen die Schließung von Radio Multikulti. Prominente sowie 29.177 Berliner- und BrandenburgerInnen unterschreiben für den Erhalt der Welle
Der Druck auf den RBB, die geplante Schließung von Radio Multikulti auszusetzen, steigt. In einem offenen Brief fordern 37 Prominente aus der ganzen Bundesrepublik den berlin-brandenburgischen Landessender auf, die Schließung der Integrationswelle zu stoppen. Zu den UnterzeichnerInnen gehören die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth und Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Armin Laschet (beide CDU), die ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts Jutta Limbach, DGB-Vorsitzender Michael Sommer, Ex-Daimler-Benz-Vorstandsvorsitzender Edzard Reuter, der Kabarettist Dieter Hildebrandt, die Schauspieler Oktay Özdemir, Eralp Uzun und Stipe Ergec sowie weitere Künstler, WissenschaftlerInnen und Schriftsteller.
Auch in der Berliner Politik wird der Widerstand lauter. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz sprachen sich am Montag die medienpolitischen SprecherInnen von CDU-, Grünen- und Linksfraktion dafür aus, den Schließungsbeschluss noch einmal zu überdenken. In einem Brief an die Mitglieder des Rundfunkrates forderten die FachpolitikerInnen diese auf, "ein Moratorium für den Erhalt von Radio Multikulti mindestens für das Jahr 2009" zu beschließen. Während das Schreiben auch von der SPD-Abgeordneten Ülker Radziwill unterzeichnet wurde, war auf der Pressekonferenz gestern kein Mitglied der SPD-Fraktion dabei. Ursache seien allerdings "organisatorische Fragen", sagte Radziwill der taz: "Das hat mit inhaltlichen Differenzen nichts zu tun." Sie und die SPD-Fraktion stünden zu Radio Multikulti, so Radziwill.
Der RBB, der wegen sinkender Gebühreneinnahmen 54 Millionen Euro einsparen muss, hatte im Mai verkündet, zum Jahresende Radio Multikulti und das TV-Magazin "Polylux" einzustellen. Damit können laut Senderangaben rund 15 Millionen Euro gespart werden. Obwohl gegen den Beschluss von Anfang an massiver Protest laut wurde, ist der RBB bisher nicht von seiner Entscheidung abgerückt. Auch dass die Gebührenkommission der Länder (KEF) dem finanzschwachen Landessender eine Extrazahlung zugesagt hat, wird laut RBB-Sprecher Ralph Kotsch nichts ändern. Zum einen sei die tatsächliche Höhe der Summe, die bislang mit 20 Millionen Euro angegeben wurde, noch "Verhandlungssache". Zum anderen, so Kotsch weiter: "Mit den bislang geplanten Schließungen und anderen Maßnahmen erreichen wir eine Sparsumme von cirka 30 Millionen. Bekämen wir wirklich 20 Millionen von der KEF, bliebe immer noch eine Lücke von 4 Millionen offen." Das rette Radio Multikulti also nicht.
Der Freundeskreis der Welle hat unterdessen über 29.000 Unterschriften für den Erhalt des Programms gesammelt, die sie den Rundfunkratsmitgliedern bei deren Sitzung am Donnerstag, begleitet von einer Demo, überreichen wollen. Der Rundfunkrat, ein Gremium, das sich aus 30 Vertretern aus Parteien und gesellschaftlichen Gruppen zusammensetzt und sowohl die Intendantin wie sieben der acht Mitglieder des RBB-Verwaltungsrates wählt, könnte den Schließungsbeschluss noch kippen.
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