Mediaspree: Junge-Reyer wacht über die Ufer
Die Stadtentwicklungssenatorin lehnt Übernahme der Mediaspree-Planung ab. Sie hat aber die Investoren aufgefordert zu melden, wenn sich der Bezirk nicht an Zusagen hält.
Es waren klare Worte. Bei der Bebauung der Spreeufer in Friedrichshain und Kreuzberg werde "nicht gewackelt", verkündete Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) im Abgeordnetenhaus. Investoren könnten sich nicht nur auf unterzeichnete Verträge, sondern auch auf mündliche Zusagen verlassen: "Es gilt das gesprochene Wort." Damit hat sie allen Hoffnung eine Absage erteilt, der erfolgreiche Bürgerentscheid gegen das Projekt Mediaspree könne tatsächlich noch zu Planungsänderungen führen.
Die FDP hatte am Donnerstag eine aktuelle Stunde zum Thema Mediaspree beantragt. Sie fordert wie die CDU, dass der Senat die Planung an sich zieht, weil sie negative Auswirkungen durch den Bürgerentscheid vom 13. Juli befürchtet. Damals hatten 87 Prozent der Wähler gegen die geplante Bebauung votiert.
Der Senat müsse eingreifen, so FDP-Fraktionschef Martin Lindner, weil das Projekt wegen seiner Größe gesamtstädtische Bedeutung habe. Die Kritiker bezeichnete er als "Leute, die von Stütze leben" und nur ihre "komische Soziokultur" bewahren wollten. Da war selbst der CDU-Abgeordnete Uwe Lehmann-Brauns differenzierter. "Wir verdanken dieser Initiative - wie einst den Hausbesetzern -, dass sie uns auf das Problem der Urbanität aufmerksam gemacht haben", lobte der Kulturpolitiker die Bürgerinitiative "Mediaspree versenken". Das Ufer dürfe nicht mit groben Klötzen zugestellt werden. Der Entwurf für den Bau "Labels II" etwa erinnere an Parkhausarchitektur. Der Senat müsse schon deshalb das Verfahren an sich ziehen, um das Gesicht der Stadt zu retten.
Dem erteilten SPD, Linksfraktion und auch Grüne eine Abfuhr. Mit der Einführung des Bürgerentscheids 2005 hätten alle Fraktionen gemeinsam den Bürgern die Möglichkeit zum Widerspruch gegeben. Das müsse man nun ernst nehmen, sagte Klaus Lederer, Chef der Linksfraktion. Die bestehende Pläne solle man durchaus noch mal auf den Prüfstand stellen. Denn wenn das derzeitige Flair des Ortes verloren ginge, wäre das auch ein Verlust für die Grundstückseigner. Auch Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne) hofft, im Sonderausschuss des Bezirks die Investoren von einem neuen Konsens überzeugen zu können.
Doch besonderen Druck haben sie nicht. "Ich habe alle Eigner und Investoren gebeten, mich aufmerksam zu machen, wenn der Bezirk von Zusagen abweicht", betonte Junge-Reyer. Drohe eine solche Gefahr, werde der Senat selbstverständlich eingreifen. GEREON ASMUTH
Leser*innenkommentare
Ostprinzessin
Gast
Der Sonderausschuss "Spreeraum" ist gestern gestartet. Es sind 4 sog. Bürgerdeputierte der Initiative Mediaspree Versenken dabei.
www.sonderausschuss.de
Info
Gast
Tja, sehr geehrter Wolfgang,
wenn Du Dir die Seite von Mediaspree-versenken anschaust (en Detail)- dann wirst Du feststellen, dass die Initiative einen 50 Meter breiten Streifen zwischen Neubauten und Spree- sowie eine gewisse Traufhöhe einfordert. Strandbars sind in den alternativen Bauplänen nicht vorgesehen, lediglich Freiflächen für kulturelle Veranstaltungen (Theater, Konzerte etc.). Vieleicht beantwortet das ja Deine Frage?
Wolfgang
Gast
Ein Frage beschäftigt mich seit langem.
Wie lässt sich "Spreeufer für alle" vereinbaren mit Strandbars o.ä. die das Ufer in Beschlag nehmen und den Zutritt ebenso kontrollieren wie die Taschen der Besucher, oder gar Eintritt kassieren?
Mark van Rijk
Gast
"wenn der Bezirk von Zusagen abweicht", betonte Junge-Reyer. Drohe eine solche Gefahr, werde der Senat selbstverständlich eingreifen."
Und das nennt die SPD und die Linke Demokratie?
Sehr Fragwürdig. Erinnert an sehr an Shanghai/Peking!
Verena Nadorst
Gast
Guter Bulle, böse Bullette
Mal Klartext gesprochen: Klaus Lederer markiert den demokratierverliebten netten Onkel, der für den Senat scheinbar, aber sicherlich öffentlichkeitswirksam, die Position darstellt, die Ergebisse von Bürgerentscheiden sollten selbstverständlich respektiert werden. Und gleichzeitig stellt Tante Junge-Reyer, ohne es allzu zitierfähig auszudrücken, den Immobilienvermarktern genauso wie der Kreuzber/Friedrichshainer Bezierkspolitik klar, dass sie sofort einschreiten werde, sobald auch nur eine Forderung des "Spreeufer für alle"-Begehrens umgesetzt zu werden droht. Sprich: Verhandlungsspielraum gibt es für den Bezirk und den noch einzusetzenden Sonderausschuss nur auf verbaler Ebene, aber nicht beim Baurecht. Die einige Wirklung, die das Bürgerbegehren demnach noch entfalten kann, liegt in der öffentlichen Erregung des Eindrucks von Investitionsunsicherheit, also der Abschreckung solcher Investoren, die sich ihrer Vorhaben oder der Standortwahl am Spreeufer ohnehin nicht so gewiss sind. Es sei denn, der rosarote Senat müsste sich ob einer massiven öffentlichen Zustimmung für eine Revision der Spreeufer-Planungen um seine Chancen bei der nächsten Abgeordnetenhauswahl ernsthaft Sorgen machen. Und hierzu dürfte sich die Initiative "Media Spree versenken" nicht in den Sonderausschuss verkriechen, sondern tüchtig weiter für ihre Sicht der Dinge werben.