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"Mediaspree"-KritikerMitstreiter versenkt

Die Initiative "Mediaspree versenken!" trennt sich von ihrem Sprecher, weil er Honorare vorenthalten haben soll. Der spricht von persönlichen Leistungen.

Protest vorm Roten Rathaus: ein Bild aus besseren Tagen. Bild: dpa

Es ist eine alte Geschichte, mit der es linke Projekte und Initiativkreise oft zu tun bekommen. Am Anfang steht der Enthusiasmus. Je nachdem, wer wie viel Zeit und Engagement aufzuwenden in der Lage ist, bilden sich Hierarchien, die, zunächst kaum fühlbar, später zu Neid und Missgunst führen, wenn es ums persönliche Fortkommen geht.

So ähnlich muss man sich wohl auch die Gemengelage um den Berliner Architekten Carsten Joost vorstellen, der nun aus dem Initiativkreis Mediaspree versenken! ausgeschlossen wurde. Das verkündet eine Stellungnahme auf der Website der Initiative. Joost sei nicht mehr legitimiert, für die Initiative zu sprechen, die sich neu strukturieren werde. Die Website werde vorübergehend vom Netz genommen.

Joost war eine der präsentesten Figuren von Mediaspree versenken“, das 2008 mit dem Bürgerentscheid „Spreeufer für alle“ seinen großen Erfolg feierte. Mehr als 30.000 Anwohner stimmten damals gegen Beton und Glas für wenige und für einen breiten, grünen Uferweg für alle – ein Ausrufezeichen gegen Gentrifizierungsprozesse.

Privat einbehalten

Der Vorwurf von Mediaspree versenken! an Joost: unsachgemäße und intransparente Kassenführung. Als Kopf von Mediaspree versenken! habe er „ein Kontaktmonopol aufgebaut, das er zum eigenen finanziellen Vorteil missbraucht hat“. Außerdem sei er zu Vorträgen und Diskussionen eingeladen worden, habe dies den anderen Mitgliedern der Initiative vorenthalten und die Honorare und Aufwandsentschädigungen privat einbehalten.

Joost, der sich als „freischaffender Architekt auf Hartz-IV-Basis“ bezeichnet, argumentiert, die besagten Aufträge seien seine persönliche Leistung gewesen, der Vorwurf ein Putsch. Der Mailaccount der Initiative sei zudem missbräuchlich benutzt worden, eine Beratung darüber stehe jetzt dringend an.

Es ist ein Problem, wenn Mitarbeiter eines Projekts, in dem es zunächst um Engagement, Inhalte und Visionen geht, gemeinsam gewonnenes Know-how zu ihrem Profit nutzen. Ein noch größeres Problem ist es, dass sich Projekte und Initiativen oft aufreiben, statt die prekäre Situation der Beteiligten zu reflektieren, in der diese sich oft befinden. Von der Macht sozialer Ansteckung profitieren anscheinend nur jene, die bereits zu den Privilegierten zählen.

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12 Kommentare

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  • I
    Isolde

    es ist schon ne ganz schön schräge Veranstaltung

     

    es gibt genau 3 namentlich bekannte Leute, die die Vorwürfe stützen, alle weiteren Äußerungen von Leuten die Joost massiv angreifen sind anonym

     

    es gibt sehr wenige weitere nur-Kritiker die sich namentlich äußern, diese teilen aber die massiven Vorwürfe gar nicht oder nur sehr bedingt

     

    es gibt einen etwas zurück liegenden Vorfall, bei dem Joost mal mit einer Bierflasche in der Hand die Beherrschung verloren hat (das ist natürlich nicht in Ordnung), sehr viele kennen den Vorfall, aber in dem Kontext in dem es geschehen ist hat er nicht dazu geführt, nicht mehr mit Joost zusammen zu arbeiten (das gilt im Besonderen für Jörg Morzynski, hat er lange Zeit mit einem Gewalttäter zusammen gearbeitet oder wird der Vorfall jetzt überzeichnet?)

     

    es gibt eine ganze Reihe Leute, die namentlich Joost stützen, teilweise auch verbunden mit Kritik an persönlichen Verhaltensweisen Joosts,keinesfalls aber im Sinne der Dreiergruppe

     

    sehr häufig ist zu lesen, dass die Art und Weise wie hier vorgegangen wird allen schadet, die sich gegen das Diktat der Investoren auflehnen,welche bestimmt gerade den Schampus kalt stellen

     

    Gibt es etwas was ich übersehen habe?

  • UN
    user name placeholder

    Keine Ahnung wie Mediaspree versenken intern so drauf sind, aber intuitiv würd ich aus nem emanzipatorischen Anspruch heraus sagen:

    1) Informationen (also auch Kontaktdaten) sind allen Beteiligten zugänglich zu machen. Nicht nur wegen Transparenz und gegen Hierarchien, sondern schon allein damit die ganze Arbeit nicht an einer Person hängenbleibt. Logisch, oder?

    2) Honorare die an die Initiative ausgezahlt werden (ich kenne Situationen wo Formalia erfordern dass Honorare an eine Privatperson ausgezahlt werden, dennoch gehen die Spender_innen sehr fest davon aus dass das Geld nicht in Privattaschen fließt!) gehören zunächst der Initiative. Wenn jemand wegen der Arbeit für die Initiative Unkosten hat und sich kaum über Wasser halten kann, kann man immer noch gemeinsam (!) eine Regelung finden. Das im Alleingang zu machen ist ein Vertrauensmissbrauch gegenüber Mitstreiter_innen und Spender_innen gleichermaßen.

  • K
    kreuzbergerin

    @Bärliner

     

    Ja, das stimmt. Die Leute bekämpfen sich auch in konservativen Kreisen extrem untereinander. Das kommt aber vielleicht nicht so oft in die Medien, weil diese Leute viele "Leichen im Keller" haben, mit denen sie sich gegenseitig erpressen können. Wenn dann einer die Schandtaten eines Anderen ausplaudern würde, kämen seine eigenen auch in die Presse. Da schweigt man dann lieber.

     

    Außerdem zerlegen sich Parteien auch gern selbst.

     

    Ich erinnere z.B. auch die von persönlichen Eitelkeiten und Machtkämpfen geprägten ausgiebigen Streitereien in der Fraktion der Grünen im Abgeordnetenhaus nach der Wahl. Auch ein Mediationsverfahren half da eher nicht.

     

    Die Piratenpartei im Abgeordnetenhaus brauchte auch als erstes ein - mit 8000 Euro Steuergelder extrem überteuertes Mediationsverfahren ! -, weil sie sich ausgiebig, bis aufs Blut, über die Raumverteilung im hohen Hause stritt.

     

    Zu Mediaspree:

    - Jeder Mensch kann doch versuchen überall hin Kontakt aufzunehmen, oder? Wieso sollte man verpflichtet sein, jedem Kontaktadressen o.ä., die man hat, mitzuteilen?

     

    - Wieso können 3 Leute offenbar eigenmächtig eine Person aus einer Initiative ausschließen, die sich seit Jahren stark für eine Sache engagiert hat (in diesem Fall gegen das Investorenprojekt Mediaspree)?

     

    - Auf welcher Rechtsgrundlage kann man überhaupt aus einer Initiative ausgeschlossen werden? Gibt es da eine Rechtsgrundlage?

  • Y
    yberg

    für welche veranstaltungen wurden nach meinung seiner mitstreiter summen in welcher höhe der bewegung mediaspree vorenthalten,wär interessant zu wissen.irgendwie kindergartenniveau.

     

    hamn die keen schatzmeister/in.OH ZEITEN OH SITTEN.

     

     

    in so nem wilden haufen wie mediaspree kanns doch kein kontaktmonopol geben,geschweige denn eins durchgesetzt werden.im übrigen erarbeitet man sich kontakte mit zeitaufwand und hoher frustschwelle vor allem auf soner MISSION UNMÖGLICH ,den grundstücksbesitzern ein ohr abzukauen,die anwohnerinteressen zu berücksichtigen.die grundstückseigentümer hamn dem joost deshalb immer gern beim weggehen zugekuckt,wenn sie sich überhaupt auf ihn eingelassen haben.

     

    wenn die vögel/innen sich weiter öffentlich zerlegen, ,krieg ich nochn hals ,für deren anliegen gestimmt zu haben

  • B
    Bärliner

    Vorab: Was bei Mediaspree abläuft/abgelaufen ist, findet nicht nur bei linken Projekten und Initiativkreisen statt, sondern überall - auch in sog. konservativen und sog. gutbürgerlichen Vereinen und Vereinigungen!

     

    Man darf vor allem nicht außer Acht lassen, dass die, die ihre Pfründe wahren wollen - Konzerne, Investoren, Politiker, die nicht im Interesse des Gemeinwohls handeln - alles tun, um diese Initiativen zu stören und zu spalten.

     

    Das Ganze erinnert an die Vorgänge beim Berliner Wassertisch.

  • BU
    Benedict Ugarte-Chacons

    Artikeln würde ich grundsätzlich keinen Glauben schenken. Für welche Seite der arbeitet, ist mir schon lange nicht mehr klar....

    auf jeden Fall nicht aufseiten der Initiativen

  • XP
    X-Berg Piratin

    Es wundert mich eh, dass Herr Joost sich nach dem Gewaltvorfall 2009 noch so lange halten konnte. Dass Joost körperliche Bedrohung als Mittel der Politik sieht, wurde komischerweise von der ach so solidarischen "linken" Presse nie aufgegriffen - wer der Macker ist, hängt da wohl immer vom persönlichen Gusto ab...

     

    Hier noch ein paar ältere Artikel zu diesen Problemen um Joost:

     

    http://www.bmgev.de/mieterecho/332/13-mediaspree-buc.html

     

    http://spreepiratinnen.blogsport.de/2011/12/08/was-ist-eigentlich-aus-mediaspree-versenken-geworden/

  • S
    Spree-Aktiver

    Bin selbst jahrelang bei Mediaspree versenken aktiv gewesen und habe Carsten Joost lange Zeit erleben dürfen. Es gelang ihm stets, neue Leute zu begeistern, aber genauso schnell wurden Aktive auch verschlissen, da Herr Joost alles bestimmen wollte, was in der Initiative geschah. Er verbat anderen, Pressetermine wahrzunehmen, spielte sich auch in Zeiten als "Sprecher" auf, als ihm die Legitimation dafür von der Initiative versagt wurde, drohte gruppeninternen Kritikern auch mal mit Gewalt.

    Ich habe von über einhundert Leuten mitbekommen, die in den Jahren für Mediaspree versenken aktiv waren, und viele stiegen nach einer Weile entnervt und desillusioniert wieder aus, da mit Herrn Joost keine längerfristige Zusammenarbeit möglich war, die auf Gegenseitigkeit und Vertrauen beruhte. Wer nun die Ursachen für den (wahrscheinlich viel zu spät) aufgebrochenen Konflikt in "Neid und Missgunst" sucht, hat sich meiner Meinung nach nicht ernsthaft mit der Materie auseinandergesetzt.

  • EA
    Enzo Aduro

    Der uferweg wurde durchgesetzt. Die Bürger sind damit besser gestellt als Sie es vorher waren. Gab vorher nie ein Uferweg.

  • B
    Beobachterin

    TAZ-Schreiberin Susanne Messmer ist ja wohl nicht ganz bei Trost – dafür aber bei Joost -, wenn sie allen Ernstes sein Wort von “Neid und Missgunst” übernimmt. Aber wo die Liebe eben hinfällt….

     

    Man sollte vielleicht nicht vergessen, dass dem feinen Herrn viele Mittel recht sind, um seine Interessen durchzusetzen, z. B. auch körperliche Bedrohung. Der Vorfall, der 2009 zum Rücktritt eines Bürgerdeputierten (Ostprinzessin) führte, der seit Bestehen der Initiative an der Seite von Carsten Joost für den Erfolg des Bürgerentscheids “Spreeufer für alle” gearbeitet hatte, ist unbestritten. “Sorry, aber es musste mal ein Zeichen gesetzt werden”, hieß es damals zur Entschuldigung.

     

    Traurig, dass TAZ, Piratenpartei u. a. diesen Herrn immer noch hofieren...

  • A
    Anton

    Diesen Satz am Schluss des Artikels verstehe ich nicht:

    "Von der Macht sozialer Ansteckung profitieren anscheinend nur jene, die bereits zu den Privilegierten zählen."

     

    Was soll das heissen?

     

    Dann steht da:

    "Es ist ein Problem, wenn Mitarbeiter eines Projekts, in dem es zunächst um Engagement, Inhalte und Visionen geht, gemeinsam gewonnenes Know-how zu ihrem Profit nutzen."

    ?

    Das Knowhow erarbeiten sich die Einzelnen doch letztlich selbst, wenn auch z.T. mit anderen zusammen. Also kann es auch jede/r für sich nutzen.

     

    Außerdem: Wieso soll jemand, der Vorträge hält und Führungen macht, dafür kein Honorar erhalten? Er hat doch dafür gearbeitet.

    - Wenn das nicht erlaubt ist, dann muss das in einer Vereinssatzung o.ä. stehen. Aber welche Rechtsform hat denn der Initiativkreis Mediaspree überhaupt? Ist das ein Verein?

     

    Oder ist die Initiative "Mediaspree versenken!"eine Bürgerinitiative? In einer Bürgerinitiative kann meiner Ansicht nach jede Person machen, was sie will.

  • LL
    lotte lorenz

    Die taz sollte nicht vergessen, dass in linke Projekte und Initiativen, die vielen Mächtigen auf die Füße treten, nicht selten Leute vom Verfassungsschutz o.ä. eingeschleust werden, um das Ganze kaputt zu machen. (Ähnlich wie die Stasi in der DDR früher).

     

    Das heisst nicht, dass es jetzt bei dem Initiativkreis Mediespree auch so sein muss!

     

    Ich erinnere aber z.B. daran, dass im Berliner Sozialforum, das u.a. die Hartz-IV-Gesetze kritisiert hat, regelmäßig mehrere Spitzel an den Treffen teilnahmen. Das ist allgemein bekannt. Jedes Wort, das auf den Treffen gesprochen wurde, wurde wohl in Akten notiert. Als u.a. EX-Prof. Peter Grottian als Mitglied des Berliner Sozialforums diese Akten einsehen wollte, wurde ihm das unter dem damaligen Innensenator Körting (SPD) verweigert. Soweit ich weiß haben die Mitglieder des Berliner Sozialforums die Akten nie zu lesen gekriegt.

     

    Zu Carsten Joost: Ich habe ihn als sehr fähige Person kennen gelernt. Den Volksentscheid gegen das anachronistische anti-ökologische und MieterInnen-feindliche Investorenprojekt Mediaspree fand ich großartig.

     

    Vielleicht ist Joost einfach manchen Investoren zu sehr in die Quere gekommen und das ist jetzt deren Quittung?