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Medaillenchancen bei Eiskunstlauf-WMSchö-ö-ö-n gegen Drehrumbum

Der Japaner Shoma Uno und der US-Amerikaner Ilia Malinin interpretieren ihren Sport sehr unterschiedlich. Siegt der Techniker oder der Athlet?

Prima Pirouette: Ilia Malinin dreht sich ein Foto: Sue Ogrocki/ap

Wird ein Rekordspringer oder ein Schönläufer Weltmeister im Eiskunstlauf? Die Frage steht bei den Welttitelkämpfen, die ab Mittwoch im kanadischen Montreal ausgetragen werden, im Mittelpunkt. Der aussichtsreichste Schönläufer wäre der japanische Titelverteidiger Shoma Uno.

Der 27-Jährige brilliert durch seinen geschmeidigen Laufstil, extravagante Schrittkombinationen und Pirouetten. Er trainiert in der Schweiz bei Ex-Weltmeister Stephane Lambiel, der einst selbst Pirouettenkönig und ein wahrer Künstler auf dem Eis war.

Unos größter Konkurrent wird in Montreal der Vorjahresdritte Ilia Malinin aus den USA sein. Der 19-jährige Sohn sowjetisch-usbekischer Eisläufer, der in den USA bei seinen Eltern trainiert, gewann diese Saison das Grand-Prix-Finale mit hohem Abstand vor Uno. Malinin gebührt die Ehre, der erste und bisher einzige Eisläufer zu sein, der in internationalen Wettkämpfen einen vierfachen Axel präsentierte.

Da der Axel als einziger Sprung vorwärts abgesprungen, aber wie alle anderen Sprünge rückwärts gelandet wird, dreht sich der Läufer bei einem vierfachen Axel eigentlich viereinhalb Mal um die eigene Achse, bevor er mit der Schlittschuhkufe wieder auf dem Eis landet. Malinin liebt es, ein Sprungfestival in seinen Programmen abzufackeln, die ihm weltweit niemand nachmacht. In Sachen Ausdruck hat er hingegen noch Nachholbedarf.

Uno und Malinin – das ist auch eine Frage, wohin dieser Sport gehen soll. Werden wir eines Tages sogar Fünffachsprünge sehen oder eher künstlerisch anspruchsvolle und abwechslungsreiche Programme? Der Weltverband ISU hat es in der Hand, indem er entweder immer schwierigere Sprünge oder aber künstlerische Innovationen höher bewertet.

Kurze Karrieren

Die Jagd nach immer schwierigeren Sprüngen birgt auch eine hohe Verletzungsgefahr in sich. Die Folge ist, dass viele Sportler dann krankheitsbedingt eine Saison pausieren oder aber ihre sportliche Karriere früh beenden müssen. Ein Beispiel sind die vielen jungen russischen Mädchen, die Vierfachsprünge auf das Eis zaubern, aber mit 17 oder 18 Jahren regelrecht verbraucht sind.

Die Folge solcher kurzen Karrieren, die es nicht nur in Russland gibt, ist, dass die Zuschauer seltener Entwicklungen von ihren Stars auf dem Eis über Jahre mitverfolgen können, was für die Attraktivität der Sportart nicht unbedingt förderlich ist.

Doch zurück zur WM: Der deutsche Starter Nikita Starostin, ein gebürtiger Russe, der als Junior mit seiner Mutter zu deren Lebenspartner nach Deutschland zog, gehört in die Kategorie der Schönläufer. Der 19. der WM des Vorjahres läuft enorm ausdrucksstark, gleitet mit viel Freude über das Eis und kann mit dem Publikum spielen.

Er wird es aber schwer haben, die Vorjahresplatzierung zu bestätigen, denn sportlich hat er sich seitdem bedingt durch einige gesundheitliche Probleme wenig weiterentwickelt. Ob ihm der dreifache Axel gelingt, der bei einer WM eigentlich Standard ist, hängt von seiner Tagesform ab. An vierfachen Sprüngen arbeitet er noch.

Deutsche Medaillenhoffnungen gibt es aber im Paarlaufen. Die Neulinge Minerva Hase/Nikita Volodin aus Berlin, beide 24 Jahre alt und beide schon mit anderen Partnern auf dem Eis unterwegs, haben auf Anhieb das Grand-Prix-Finale gewonnen. Bei ihrer ersten gemeinsamen Europameisterschaft im Januar waren sie dann allerdings mit der Favoritenrolle überfordert, erwischten einen schlechten Tag und landeten auf dem fünften Platz.

Für die Weltmeisterschaften haben sie sich keine konkrete Platzierung als Ziel gestellt. Hase sagte dem RBB: „Wir versuchen, wieder entspannter in den Wettkampf zu gehen. Wir wollen wieder mehr Freude ausstrahlen.“ Sie sind in guter Form und damit Kandidaten auf vordere Platzierungen.

Das zweite deutsche Paar, Annika Hocke und Robert Kunkel, hat ebenfalls das Potenzial für die Weltspitze. Allerdings lief für die Siebenten der Europameisterschaft diese Saison nicht optimal. Kunkel hatte Rückenprobleme, sodass er längere Zeit nicht mit seiner Partnerin trainieren konnten. Die Teilnahme an der EM stand auf der Kippe. Die Zeit seitdem haben sie für Showauftritte bei „Holiday on Ice“ genutzt, was ihnen in einer wenig geförderten Sportart nicht nur finanziell etwas brachte, sondern auch die Chance, sich vor Publikum zu präsentieren.

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