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Mastersenator: Frischer Wind für Westnordwest

Bausenator Peter Strieder (SPD) legt erstmals eine Broschüre für ein „Planwerk Westraum“ vor. Mit Neubauten soll der „Substanzverlust“ in Spandau ausgeglichen werden. Der Flughafen Tegel soll nach seiner Schließung als Grünfläche mit Wohn- und Gewerbeansiedlungen hergerichtet werden

Nach den Planwerken für die städtebauliche Entwicklung der Innenstadt, des Barnims und des Südosten Berlins hat die Senatsverwaltung für Bauen und Stadtentwicklung nun das „Planwerk Westraum“ in einer neuen Broschüre veröffentlicht. Dass die Debatte über das Konzept weit weniger konfliktreich als etwa die über den Masterplan verläuft, mag daran liegen, dass es im Planwerk Westraum nicht um Abrisse oder Rekonstruktion eines überformten Stadtgrundrisses geht. Vielmehr steht der Weiterbau der Bezirke Reinickendorf und Spandau im Mittelpunkt sowie die Revitalisierung von Verkehrs- und Industrieflächen.

Zudem haben die beiden Bezirke und die Senatsbauverwaltung bei der Erstellung des Planwerks enger zusammengearbeitet als beim Masterplan. Mit der Publikation, so die Bauverwaltung, „sollen die öffentliche Diskussion weitergeführt und die Ergebisse der Meinungsbildung bis zum Jahresende“ in die weitere Arbeit einfließen.

Hintergrund für ein Konzept zu zukünftigen Stadtentwicklung von Spandau und Reinickendorf, so Bausenator Peter Strieder (SPD), war nicht nur der „Substanzverlust“ durch gewerbliche und industrielle Arbeitsplätze vor Ort in den vergangenen Jahren, sondern insbesondere die Frage einer späteren Nutzung des Flughafens Tegel, der 2007, nach Eröffnung des Airports Schönefeld, geschlossen werden soll.

Schwerpunkte der städtischen Entwicklung sieht das Planwerk darum für Spandau im Umfeld des neuen ICE-Bahnhofs, wo sich Gewerbebetriebe und Gastronomien ansiedeln sollen. Südlich der Spandauer Altstadt will Strieder durch die Umnutzung des Geländes am Südhafen und in der Wilhelmstadt ein Wohnquartier mit 1.800 Wohnungen errichten. Ebenso revitalisiert – und als „gemischtes Quartier“ gedacht – stellt sich der Bausenator das Areal Stresow vor, wo alte Hallen umgebaut und für Wohnen und Gewerbe neu genutzt werden könnten.

Während für diese Pläne im Senat und in Spandau Konsens herrscht, ist dagegen Streit beim vierten großen Planungsabschnitt zu erwarten. So ist im Masterplan West vorgesehen, auch die Fläche an der Spreemündung in die Havel und Am Juliusturm mit Freizeiteinrichtungen und als Logistikstandort zu entwicklen. Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner (CDU) dagegen will den Standort als Industriefläche sichern und nicht einer „Neuordnung“ preisgeben.

Zum großen „Link“ zwischen Spandau und Reinickendorf – speziell einem verdichteten Bereich am Kurt-Schumacher-Platz – macht das Planwerk die künftige Nutzung des Flughafengeländes in Tegel. Mit Blick auf die beabsichtigte Schließung 2007 stellt die Broschüre die ökologische Bedeutung des Freiraums ins Zentrum. Ein grüner Keil soll die Verbindung des dicht bebauten Bezirks zur westlichen Landschaft und der Havel herstellen.

So virtuell, wie das Freiflächenprogramm des Flughafen Tegel daherkommt – weder gibt es für den Großflughafen Schönefeld ein abgeschlossenes Planfeststellungverfahren noch einen privaten Investor –, so ungewiss bleibt auch das Konzept der Bebauung. Denn in dem Papier verzichtet das Planwerk nicht auf die Idee, rund 4.000 Wohnungen und Arbeitsplätze im Umfeld des Flughafenterminals und des Kurt-Schumacher-Platzes anzusiedeln.

Abgesehen von der offenen Frage, ob und wann der Airport geschlossen werden wird, bleibt ungeklärt, wer die Wohnbebauung finanzieren soll. Investoren haben angesichts des entspannten Wohnungsmarktes in der Stadt und der Neubauten in der Wasserstadt Oberhavel noch kein Interesse für das Projekt gezeigt. Hier bleibt das Planwerk West, was viele Masterpläne bleiben: etwas Ungewisses.

ROLF LAUTENSCHLÄGER

Die Broschüre ist in der Senatsbauverwaltung, Württembergische Straße 6, und in den Bezirksämtern in Spandau und Reinickendorf erhältlich

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