Massenentlassungen im Norden: Häfen ohne Arbeit

Die Krise droht tausende Arbeitsplätze in den deutschen Häfen zu vernichten. In Bremen und Bremerhaven sollen 1.400 Arbeiter entlassen werden.

Imposante Optik, aber schlechte Auftragslage: Die Arbeiter in den Häfen von Bremen und Bremerhaven fürchten um ihre Jobs - wenn sie nicht schon entlassen sind. Bild: dpa

BREMEN taz Einem der größten Arbeitgeber der Bremer Häfen droht die Insolvenz. Um die zu verhindern, will der Gesamthafenbetriebsverein (GHB) 1.400 Arbeiterinnen und Arbeiter in Bremen und Bremerhaven entlassen.

Die Hafenbetriebsvereine sind eine Art gesetzlich verankerter Konjunkturpuffer, die die starken zyklischen Schwankungen im Hafengeschäft ausgleichen und verhindern sollen, dass dort das Prinzip "Hire and Fire" herrscht. Sie sind aber, wie auch die Gewerkschaft Ver.di betont, keine herkömmlichen Leiharbeitsfirmen.

Der GHB im Lande Bremen - die größte Einrichtung ihrer Art in Deutschland - unterhält einen Pool von derzeit 2.500 Beschäftigten. Sie werden von den Unternehmen bei Bedarf angefordert. Doch den gibt es im Moment nicht mehr: Allein der für Bremerhaven wichtige Autoexport brach im ersten Quartal dieses Jahres um 50 Prozent ein. Auch der Containerumschlag verzeichnet verglichen mit dem Vorjahr ein Minus von 25 Prozent. Gleichwohl sind etwa die rund 5.000 Jobs beim Logistik-Dienstleister BLG dem Unternehmen zufolge nicht bedroht. Die Krise trifft zunächst die Hafenbetriebsvereine.

Für solche Fälle gibt es dort eine so genannte Garantielohnkasse. In diese zahlen alle Firmen ein, die sich aus dem Pool der Hafenbetriebsvereine bedienen. Die Beschäftigten bekommen also auch dann Lohn, wenn sie gerade nicht angefordert werden.

In Bremen und Bremerhaven gibt es derzeit nur für jeden fünften GHB-Mitarbeiter Arbeit. Wenn sich an der wirtschaftlichen Lage nicht bald etwas ändert, wäre die bremische Garantiekasse spätestens im Herbst leer. In der Kasse sind Angaben des GHB zufolge im Schnitt 14 Millionen Euro - zu wenig, um die gegenwärtige Wirtschaftskrise zu überbrücken.

Als ähnlich "desolat" wie in Bremen schätzt Ver.di die Situation in Rostock ein. Dort sind allerdings nur etwa 80 HafenarbeiterInnen betroffen. In Hamburg, wo die Gesamthafenbetriebs-Gesellschaft insgesamt rund 1.400 MitarbeiterInnen beschäftigt, ist die Lage nach Angaben des Betriebsrats dagegen "nicht ganz so schlecht". Gleichwohl ist derzeit etwa nur jeder Dritte praktisch beschäftigt, seit Januar wird kurzgearbeitet. "Wir haben viel Leerlauf", sagt Betriebsrat Matthias von Dombrowski, betriebsbedingte Kündigungen drohten momentan jedoch nicht. Noch im vorigen Jahr wurden für den Hamburger Hafen 200 Leute neu eingestellt - eine Zahl, die seit 20 Jahren nicht mehr erreicht worden war.

Ver.di fordete am Montag bereits eine "konzertierte Aktion" für die Hafenwirtschaft - wie diese aussehen könnte, ist unklar. Die Gewerkschaft hält die GHB für "systemrelevant". Sie müsse gerettet werden, damit die Tagelöhnerei nicht wieder Einzug erhalte. Bislang genießen die LeiharbeiterInnen in den Häfen die gleichen Bedingungen wie Festangestellte.

Auch die Bremer Wirtschaftsbehörde spricht davon, dass die Hafenbetriebsvereine "nicht verloren gehen dürfen". Von direkten Staatshilfen aus Bremen, wie es sie in der Vergangenheit gab, ist derzeit aber nicht die Rede. "Es ist Aufgabe der Hafenwirtschaft, Rettungskonzepte zu entwickeln", sagt ein Sprecher der Behörde. Bremens SPD-Vorsitzender Uwe Beckmeyer hingegen forderte einen "Schutzschirm" für die Hafenwirtschaft.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.