Maskenpflicht in Grundschulen ausgesetzt: Gut gemacht, schlecht begründet

Ab 4. Oktober wird die Maskenpflicht an Berliner Grundschulen ausgesetzt. Das freut die meisten SchulleiterInnen. Aber ist die Freude gut begründet?

Schülerinnen und Schüler in Hamburg-Lurup schreiben in einer Gruppenarbeit im Klassenzimmer ihre Wünsche für das neue Schuljahr auf einen Zettel unter dem Motto: „Darauf freue ich mich?“ aufam ersten Schultag nach den Ferie

So geht es, aber ohne Maske ginge es wohl auch … Foto: picture alliance/dpa/Christian Charisius

Es ist doch immer wieder leicht, auch in der Spätphase der Pandemie, unnötig für Aufregung zu sorgen. So geschehen am Dienstag, als Noch-Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) das vorläufige Ende der Maskenpflicht in den Grundschulen ab dem kommenden Montag verkündete. Es sei „an der Zeit“, sagte sie, schließlich sei gerade für die Kleinsten die Mimik der Lehrkraft bei der Alphabetisierung wichtig.

Stimmt alles, sind aber alles keine Argumente, die Maskenpflicht gerade jetzt auszusetzen. Denn dass es für Kinder nicht optimal ist, das Gesicht der LehrerIn nur halb zu sehen, wird bereits seit Beginn der Pandemie diskutiert. Wieso es nun plötzlich und mit dieser Begründung „an der Zeit“ sein soll, ist nicht ganz ersichtlich.

Besser wäre es gewesen, die Maskenpflicht auszusetzen – und das fachlich zu begründen. Die Blaupause dafür wäre schon da gewesen: Ende August hatten die Berliner AmtsärztInnen die Aussetzung der Quarantänepflicht an den Schulen gefordert. Ihre Begründung war schlüssig: Die Impfquote in der Bevölkerung sei inzwischen hoch, gerade die Risikogruppen sind geimpft. Ungeimpfte Kinder gefährden also nicht mehr so sehr ihre Großeltern zu Hause. Und sie sind zugleich durch die geimpften Erwachsenen um sie herum immer besser geschützt.

Schlecht für den Kinderschutz

Dazu komme, sagten die ExpertInnen, dass Krankheitsverläufe bei Kindern in der Regel weniger schwerwiegend seien, wie Studien immerhin inzwischen hinreichend belegten. Es sei also medizinisch vertretbar, den Kindern wieder einen unbeschwerteren Schulalltag zu ermöglichen. Denn 14 Tage Quarantäne bei einem Positivfall in der Klasse bedeuten für viele Kinder eben auch: 14 Tage zu Hause bleiben. Schlecht für den Kinderschutz, schlecht für die Lernleistungen der ohnehin schwächeren SchülerInnen, wie man inzwischen hinlänglich weiß.

Dabei sind wir doch, siehe Argumentation der Amtsärzte, schon viel weiter

Auch Brandenburg hat längst keine Maskenpflicht in den Schulen mehr; die Inzidenzen sind nicht signifikant gestiegen. Zudem bleibt ja die Testpflicht in den Berliner Schulen. Zur Erinnerung: In den Betrieben und Büros gab es während der ganzen Pandemie keine Testpflicht.

Ja, es ist Zeit, die Maskenpflicht für die SchülerInnen auszusetzen. Und man hätte das sogar begründen können. So aber verweisen jetzt wieder alle auf die jetzt schon so hohen Inzidenzen bei jüngeren Kindern. Dabei sind wir doch, siehe die Argumentation der Amtsärzte, eigentlich schon viel weiter.

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Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.

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