Marvel-Comics nun als Online-Abo: Spider-Man geht ins Netz
Der Comicverlag Marvel bietet künftig Internet-Abos für sein riesiges Comicarchiv an. So versucht der Verlag von Spider-Man, X-Men und Hulk junge Leser zurückzugewinnen.
Dank zahlloser Kinoadaptionen hat sich einer der Ur-Väter aller Comic-Verlage, der US-Konzern Marvel Entertainment, auch in den letzten Jahren wieder in die Populärkultur eingeschlichen. Ob Spider-Man, X-Men, Hulk oder Fantastic Four, die Helden aus den Bildergeschichten sind auch jetzt noch jedem Kind ein Begriff - oder eben schon wieder. Trotzdem hat Marvel es in einem Geschäftsfeld bislang eher schleifen lassen, obwohl genau das sich derzeit anschickt, zum Hauptvertriebsweg für Comics zu werden: das Internet.
Das soll sich künftig ändern. Wie Marvel in dieser Woche ankündigte, will die Firma groß ins Geschäft mit Web-Comic einsteigen. Dazu wuchert der Konzern mit einem ganz besonderem Pfund: Seinem wertvollen Archiv mit zahlreichen Klassikern aus der Welt der Bildergeschichten, das weitgehend digitalisiert werden soll. Das Preismodell ist simpel. Wer für ein Jahr abschließt, zahlt 5 Dollar im Monat (= 60 Dollar im Jahr), ansonsten werden 10 Dollar alle vier Wochen fällig. Im Gegensatz zu Musikdownload-Diensten, bei denen man sich Songs im Abo beliebig herunterladen kann, kann der Marvel-Abonent die Comics lediglich online lesen: Er kann die Bildergeschichten im Flash-Format im Webbrowser ansehen. Downloads und Offline-Lesen funktionieren nicht - zumindest bisher. Dafür ist die eingesetzte Technologie mit allen aktuellen Rechnern kompatibel, egal ob PC oder auch Macintosh.
Anfänglich sollen insgesamt 2500 Bände zur Verfügung stehen - darunter auch die ersten 100 Ausgaben von "Spider-Man" und "Fantastic Four". Woche für Woche sollen 20 Bände dazukommen, bereits nächstes Jahr will man 3500 Schmöker erreichen. 250 Hefte wird Marvel als Werbung zudem zunächst kostenlos im Netz präsentieren, um Abonnenten anzulocken. Einmal abgeschlossen, steht der Dienst "vollständig unlimitiert" zur Verfügung, heißt es von dem Verlag. Das Prinzip der "Digital Comics", wie Marvel sein Abo nennt, soll auch ein Schaufenster sein für alles, was sich noch alles im Katalog befindet. Dadurch soll auch eine jüngere Zielgruppe erreicht werden, die sich immer seltener in den einschlägigen Comic-Läden tummelt. Schließlich, so gibt das Unternehmen offenherzig zu, gebe es immer weniger Überschneidungen zwischen den Produkten von Marvel und der Lebenswelt der Jugendlichen.
In Zukunft könnte es auch eine mobile Version der "Digital Comics" geben - entsprechende Pläne bestätigte Marvel. Einem "All you can buy"-Onlineladen, wie dies iTunes im Musikbereich darstellt, wollte der Comic-Riese allerdings nicht beitreten. Statt dessen habe man sich lieber entschieden, eine "interne Lösung" zu finden.
Fans dürfte stören, dass die neuesten Hefte erst sechs Monate nach Verkaufsstart am Kiosk auch online erscheinen - offensichtlich ist man sich da verlagsintern nicht ganz sicher, ob und wie eine große "Unlimited"-Webpräsenz die Papierverkäufe kannibalisiert. Auch unterscheidet Marvel zwischen US-Kunden und Kunden außerhalb Nordamerikas.
Marvel ist nicht der einzige US-Comic-Konzern, der verstärkt auf das Netz setzt. Konkurrent DC Comics ("Superman", "Badman", "Wonder Woman") besitzt eine eigene Comic-Community namens "Zudacomics". Außerdem werden regelmäßig frische Inhalte kostenlos im sozialen Netzwerk MySpace publiziert, in dem sich ja bekanntlich vor allem die junge Zielgruppe tummelt. Mit Abos will DC derzeit kein Geld verdienen - stattdessen setzt man auf die im Web übliche Werbevermarktung.
Das Web ist in den letzten Jahren mehr und mehr zum interessantesten Vertriebsweg für neue Comic-Kultur geworden. Neue Stars entstanden über eigene Websites, vermarkten sich mit Abodiensten selbst oder bekamen Aufträge großer Comic-Verlage. Dank gut funktionierender Lesesoftware muss man sich seine Lieblingsstrips auch nicht mehr unbedingt ausdrucken, sondern kann sie am Bildschirm lesen. Genau auf diesen Trend setzt nun auch Marvel - wobei die Entscheidung gegen Downloads auch aus der Angst vor Raubkopierern entstanden sein soll. Das ist durchaus eine Sorge, die nicht unberechtigt ist: Inzwischen werden längst auch eingescannte Comics über Tauschbörsen verteilt.
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