Martin Sonneborn im Europaparlament: Intensive Rücktrittsvorbereitungen

Kaum gewählt, denkt er schon an Abschied: Der einzige Europaparlamentarier der Satire-Partei „Die Partei“ will bereits nach einem Monat sein Mandat wieder abgeben.

Martin Sonneborn, Chef von Die Partei, sowie die Kandidatinnen Katharina Harling (v.l), Helena Barbas, Anna Bauer und Lea Joy Friede. Bild: dpa

BERLIN dpa | „Ich werde mich vier Wochen lang intensiv auf meinen Rücktritt vorbereiten“, sagte Martin Sonneborn, der nach nur einem Monat seinen Sitz im Europaparlament wieder aufgeben will. Der frühere Chefredakteur der Satirezeitschrift Titanic erklärte, damit eine Rotation einleiten zu wollen.

„Wir werden versuchen, monatlich zurückzutreten, um 60 Parteimitglieder durchzuschleusen durch das EU-Parlament. Das heißt, dass jedes dieser Mitglieder einmal für 33 000 Euro im Monat sich Brüssel anschauen kann und dann zurücktritt und noch sechs Monate lang Übergangsgelder bezieht. Wir melken also die EU wie ein kleiner südeuropäischer Staat.“

Seltsam findet der Real-Satiriker das alles jedoch nicht: „Ich glaube nicht, dass wir die Verrücktesten sind im Europaparlament.“

Mit Programmpunkten wie Einführung der Faulenquote, eine Million Euro Existenzmaximum (pro Person) und ein Wahlalter zwischen 12 und 52 ist „Die Partei“ zur Europawahl angetreten. Obwohl es am Wahlabend noch nicht so aussah als würde „Die Partei“ die für ein Mandat notwendigen 0,6 Prozent schaffen, twitterte Sonneborn twitterte dennoch unter Verweis auf seine Initialen: „Die Partei“ erzielt 0,5% (ZDF)? Wir sind Wahlsieger! Europa ist reif für ein MS-Regime... Smiley!“ Vor der Wahl sagte er: „Wir ziehen mit Sex und Hitler in diesen Wahlkampf.“

Simulation von Politik und Systemkritik

Die Gruppierung um Mastermind Sonneborn wurde 2004 von Redakteuren des Satiremagazins Titanic gegründet. Ihr Name setzt sich aus den Anfangsbuchstaben dieser Begriffe zusammen: Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative. Im Jahr nach ihrer Gründung begann „Die Partei“ an Wahlen auf praktisch allen Ebenen teilzunehmen. Nicht unberüchtigt sind ihre Wahl-Spots: 2013 war es ein verpixelter TV-Softporno, zur Europawahl 2014 verweigerten WDR und SWR die Ausstrahlung eines Radio-Spots.

Das Wahlprogramm für die Europawahl unterschied sich nur geringfügig von dem der Bundestagswahl 2013 (zentraler Punkt: Wiederaufbau der Berliner Mauer). Die Gruppierung betreibt im Wesentlichen politische Parodie sowie die Simulation echter Politik und ihrer Wahlkämpfe.

Analysen bescheinigen der „Partei“ eine gelungene Systemkritik: Es gelinge ihr, die Austauschbarkeit politischer Positionen und einen oft inhaltsleeren, in Phrasen erstarrten politischen Prozess durch gelungene Null-Aussagen zu karikieren und vorzuführen: „Nein zum EU-Norm-Penis“, „Schwarzfahren muss bezahlbar bleiben“ - auch das waren Forderungen aus dem Wahlkampf.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.