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Marokkos König knickt einPädophilen-Begnadigung widerrufen

Nach gewaltsamen Protesten in Marokko hat Mohammed VI. die Amnestie eines Kinderschänders zurückgenommen. Aber der Spanier ist längst geflohen.

Die Polizei knüppelt Proteste gegen die Begnadigung Galváns in Rabat nieder. Bild: reuters

MADRID/RABAT dpa | Nach landesweiten Protesten hat Marokkos König Mohammed VI. die Begnadigung eines Kinderschänders aus Spanien rückgängig gemacht. Der Monarch habe sich angesichts der „Schwere der Verbrechens und aus Respekt vor den Opfern“ zu diesem Schritt entschlossen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Map am Sonntagabend unter Berufung auf eine Mitteilung des Hofs.

Jetzt sollten die Justizministerien Spaniens und Marokkos das weitere Vorgehen gegen Daniel Fino Galván absprechen, der sich bereits aus dem Land abgesetzt hat. Zudem sollten die Umstände der „bedauernswerten Freilassung“ des Mannes untersucht werden, hieß es.

Der 64-jährige Galván war 2011 wegen Vergewaltigung von elf Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen vier und 15 Jahren zu 30 Jahren Haft verurteilt worden. Er war Anfang der Woche im Rahmen einer Amnestie des Königs für insgesamt 1.044 Menschen anlässlich des 14. Jahrestags der Thronbesteigung auf freien Fuß gesetzt worden. Galván soll inzwischen nach Spanien ausgereist sein.

Die Begnadigung hatte große Empörung ausgelöst. Vor der ungewöhnlichen Mitteilung des Königshauses, das praktisch nie Handlungen des Monarchen rechtfertigt oder erklärt, hatte die marokkanische Polizei am Freitag Proteste Tausender Menschen gegen den königlichen Erlass brutal niedergeschlagen. Dabei seien allein bei einer Kundgebung vor dem Parlament in Rabat Dutzende verletzt worden, berichteten das Nachrichtenportal Afrik und andere Medien.

Großdemo geplant

Für Dienstag und Mittwoch hatten Menschenrechtsgruppen zu einer Großdemonstration in Casablanca, der bevölkerungsreichsten Stadt des Landes, aufgerufen. Ob diese Proteste auch nach der Annullierung des Erlasses stattfinden sollen war vorerst nicht bekannt.

Mit Blick auf die Empörung in Marokko in den vergangenen Tagen hatte das Außenministerium in Madrid betont, die Liste der Betreffenden sei von den marokkanischen Behörden zusammengestellt worden. Die oppositionellen Sozialisten in Spanien kündigten an, am Montag im Madrider Parlament eine Stellungnahme von der konservativen Regierung einzufordern.

Medienberichte, wonach es sich bei dem aus dem Irak stammenden Galván um einen früheren Spion handelt, der für seine „Verdienste“ in Spanien einen neuen Namen und einen Pass erhalten haben soll, wurden zunächst weder von Madrid noch von Rabat kommentiert.

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10 Kommentare

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  • P
    prinz

    Ihr könnt nur reden aber Ahnung habt ihr nicht.lasst den König von marokko in ruhe

  • S
    Samantha

    Aber es geht um vieles mehr, als nur die Amnestie eines Kinderschänders.

     

    Es zeigt, wie viel Macht der König und die Makhzen in Marokko haben. Es gibt keine unabhängige Rechtssprechung. Und auch wenn es so scheint, als wäre nun alles vorbei mit der Verhaftung Galvans, besteht doch noch die Hoffnung, dass die Menschen weiterhin fragen, warum kann so etwas passieren? Warum hat unser König so viel Macht? Wollen wir eigentlich, dass er diese Macht hat? Können wir fordern, dass er welche davon abgibt?

     

     

     

    Ich glaube zwar nicht, dass es jetzt eine Revolution geben wird. Aber ein Hauch der Hoffnung lag in den letzten Tagen wieder über Rabat und die Bewegung des 20. Februar ist wieder erwacht und hat neue Anhänger hinzugewonnen. Und vielleicht darf man hoffen, dass es dieser Vorfall Marokko ein Stückchen auf den Weg Richtung Veränderungen gebracht hat.

  • S
    Samantha

    Angeblich wurden Listen durcheinander gebracht. Glauben tut diese Neuigkeit allerdings kaum jemand.

     

    Es soll zwei Listen gegeben haben, beide erstellt von der spanischen Botschaft. Auf der ersten standen die Namen von 20 Gefangenen, mit der Bitte diese nach Spanien zu überstellen, damit sie dort ihre Haftstrafe verbüßen (ist anscheinend gar nicht so unüblich, meistens sind es Drogenschmuggler). Die zweite Liste enthielt die Namen von 18 spanischen Inhaftierten, die um eine königliche Begnadigung baten, so auch Galvan. Die marokkanischen Behörden sollen beide Listen miteinander vermischt haben, und somit wurden alle begnadigt.

     

    Anscheinend wurde Galvan von der spanischen Polizei in Spanien verhaftet, nachdem Marokko einen internationalen Haftbefehl ausgestellt hat. Die Frage ist aber, was nun mit ihm passiert. Spanien wird ja wahrscheinlich nicht einen ihrer Bürger nach Marokko ausliefern.

  • JM
    Jan Moewes

    Galvan ist in Murcia gefasst worden, er sollte nach der angeblich von der spanischen Botschaft verfassten Liste nicht begnadigt werden sondern nach Spanien überstellt, (El País aktuell) und warum Alle auf der "Zweispaltigen" Liste begnadigt wurden, weiß niemand. Und warum die taz meine zwei vorherigen Kommentare nicht veröffentlicht hat, weiß zumindest ich nicht

  • V
    Verwundert

    Kinderschänder?

     

    Ist dieser Hetzbegriff nicht schon seit langem abgeschafft?

     

    Mittlerweile kenn ich ihn nur noch aus sehr zweifelhaften Ecken kommend!

  • N
    Nils

    Kommt mir das nur so vor, oder hat da entweder heute.de euren Text übernommen, oder ihr habt den Text von da?

  • JM
    Jan Moewes

    Nachtrag: Die Liste ist vom spanischen König bei seinem letzten Besuch eingereicht worden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der eine von den Marrokanern selbst erstellte Liste überreicht. Sehr gut vorstellen kann ich mir dagegen, dass die spanische Regierung lügt. Sie macht seit Monaten nichts anderes.

  • JM
    Jan Moewes

    Die Formulierung "knickt ein" finde ich sehr unglücklich. "Sieht ein" oder "berichtigt" wäre sicherlich objektiver. Ihre Überschrift legt nahe, dass der marrokanische König gewusst hätte, wen er da begnadigt, was sicherlich nicht der Fall ist. In Spanien verlangt die Opposition Aufklärung von der faschistischen Regierung, wer für die Aufnahme des Paedophilen in die Liste verantwortlich ist. Der aktuelle Justizminister begnadigt wesentlich schneller und öfter - nach seinem Geschmack. Der letzte krasse Fall war die Begnadigung eines Geisterfahrers, der einen oder sogar zwei Leute bei seinem Unfall getötet hatte. Er tat das, weil der Verurteilte von einem mit dem Minister verwandten Anwalt vertreten wurde. Und verurteilte Banker dürfen meist nach zwei Wochen nach Hause gehen. Das Recht nach seinem Geschmack zu verbiegen, ist eines der typischen Anzeichen - wenn auch gewiss nicht das Einzige - für eine faschistische Grundeinstellung.Man muss dem marrokanischen König dankbar sein für seine Einsicht.

    • S
      Samantha
      @Jan Moewes:

      Ein König, der die Macht hat Menschen zu begnadigen einfach so, weil er zufällig der Sohn eines anderen Königs ist, finde ich ja schon eine seltsame Vorstellung. Und dann ein anderer König, der einfach mal nen Freundschaftsdienst verlangt?

       

      Aber ein König der angeblich nicht weiß, wen er da begnadigt? Das ist doch schon sehr unglaubwürdig, obwohl das von marokkanischen Königshof ja so dargstellt wird.

       

      Einer der Slogans auf der Demonstration am Freitag war ungefähr übersetzt: Wenn er es nicht wusste, dann ist es schlimm, aber wenn er es wusste noch schlimmer.

       

      Also ist es natürlich das beste zu behaupten er wusste von nichts.

       

      Aber es ist sehr schön zu beobachten, wie sich viele MarokkanerInnen, die meisten zum ersten Mal, lustig über ihren König machen. Meine Lieblinskarrikatur zeigt den König mit einer Augenbinde mit der Liste der zu begnadigen Gefangenen und einem Stift in der Hand und er fragt: "Wer hat das Licht ausgemacht?".

       

      Und der neuste running gag ist zu sagen "Mafrasich" - wortwörtlich: "Es ist nichts in meinem Kopf" Ich habe keine Ahnung.

  • B
    Bernd

    ... sollten die Grünen wieder an die Regierung kommen, brauchen die Kinderschänder nicht mehr nach Marokko oder andere Länder reisen. Dann wird Deutschland ein Paradies für Sie. Die Grünen , nur noch Abschaum!!