Mangel an Badeaufsicht: Rettungsschwimmer gesucht
Wie überall fehlt es auch in Kiel an Rettungsschwimmern. Das Problem sei aber auch hausgemacht, kritisiert die Fraktion der Linken im Stadtrat.
Mehrere der Kieler Bäder und öffentlichen Strände haben aktuell geschlossen. „Personalausfälle unter den Rettungsschwimmer*innen“, heißt es zur Begründung auf der Homepage der Landeshauptstadt. Betroffen ist unter anderem die Schwimmhalle Schilksee, das Hörnbad ist dicht, und an den Ostseestränden fehlen Badeaufsichten. Aktuell liegt das vor allem an den Corona-Inzidenzen, die Zahlen steigen nach dem Volksfest Kieler Woche gerade.
Die Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG) sieht ein bundesweites und strukturelles Problem. Weil nicht genügend Rettungsschwimmer zur Verfügung stehen, kann die DLRG zeitweise nicht alle Strandabschnitte an der Nord- und Ostsee überwachen. Denn während pandemiebedingter Schließungen seien Schwimmmeister*innen in andere Branchen abgewandert und zu wenige Neue begannen die aufwendige Ausbildung, sagt Eric Voss, Bereichsleiter Fortbildung bei der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen, der Nachrichtenagentur dpa.
Aber in Kiel sei auch ohne Corona die Situation der Schwimmausbildung seit vielen Jahren „eher schwierig“, sagt Pascal Knüppel, sportpolitischer Sprecher der Ratsfraktion der Linken. Die anderen Parteien sehen das Problem auch und hatten unter anderem die Kampagne „Jedes Kind muss schwimmen lernen“ ins Leben gerufen – das war 2016. Und 2020 setzte sich die Ratsfraktion der SPD, aktuell stärkste Kraft in der Landeshauptstadt, dafür ein, mehr Badestellen an der Förde zu öffnen.
„Doch von dem Ziel, dass alle Kinder eine Chance zum Schwimmenlernen erhalten, ist die Stadt auch über fünf Jahre später noch weit entfernt“, bemängelt Knüppel. Stattdessen seien die Möglichkeiten der Schwimmausbildung zuletzt sogar weiter eingeschränkt worden: „Seit dem Umbau des Freibades Katzheide gibt es dort keinen Sprungturm mehr und somit ist dort auch keine Prüfung für die Schwimmabzeichen Silber oder höher mehr möglich.“
Und diese Abzeichen sind wiederum Voraussetzung, später die Prüfungen für den freiwilligen Rettungsdienst abzulegen. Denn an den Stränden stehen in der Regel keine vollausgebildeten Bademeister*innnen, sondern ehrenamtliche oder mit kleinem Honorar bezahlte Kräfte. Aktuell seien bundesweit nur rund 50 Prozent der benötigten Freiwilligen für den Dienst an den Stränden verfügbar, sagen DLRG-Expert*innen.
Für den Sommerjob ist ein Schnellkursus notwendig, den die meisten Kommunen gern für die Aushilfskräfte zahlen würden, so Voss. Das tut nun auch Kiel: Gezielt werden auf der städtischen Homepage Studierende gesucht. Darüber hinaus sind Stellen für Profis ausgeschrieben. Damit Paule, der Bademeister, bald wieder im Schwimmbad an der Ecke wacht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid