piwik no script img

Malawis Präsident erlässt 14 Jahre HaftGnade für schwules Paar

Malawis Präsident Bingu wa Mutharika hat ein zu 14 Jahre Haft verurteiltes schwules Paar überraschend begnadigt. Homosexualität sei aber weiterhin ein "Verbrechen gegen unsere Kultur", erklärte er.

Ab sofort ohne Handschellen: Tiwonge Chimbalanga (20, rechts) und Steven Monjeza (26). Bild: reuters

Angesichts internationaler Kritik hat Malawis Präsident Bungu wa Mutharika am Samstag die beiden prominentesten Häftlinge seines Landes begnadigt. Die beiden Schwulen Steven Monjeza und Tiwonge Chimbalanga, die wegen ihrer Verlobung am 20. Mai wegen "unnatürlicher Akte" zu 14 Jahre Zwangsarbeit verurteilt worden waren, wurden noch am gleichen Abend auf freien Fuß gesetzt.

Die Behörden schickten die beiden, die in separaten Gefängnissen gesessen hatten, in ihre Dörfer nahe der Hauptstadt Blantyre zurück. Man wolle sie damit vor "Feindseligkeit aus der Öffentlichkeit bewahren", erklärte Gift Trapence, Direktor der Organisation Cedep (Centre for the Development of People), die die beiden betreut hatte. "Sie wurden von ihren jeweiligen Angehörigen warmherzig begrüßt."

Nie zuvor in der Geschichte hat eine Entscheidung eines malawischen Präsidenten so schnelle und so positive weltweite Reaktionen hervorgerufen. Das US-Außenministerium und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon begrüßten die Freilassung. Ban spielte dabei offenbar eine wichtige Rolle. Er war am Samstag nach Malawi gereist und pries in einer überschwänglichen Rede vor dem Parlament Malawis Agrarpolitik als beispielhaft für ganz Afrika.

Noch davor hatte er sich bei Mutharika für die Freilassung der beiden inhaftierten Homosexuellen eingesetzt. Der Staatschef ergriff sofort die Chance, seinen Vorbildcharakter zu stärken. Ein zuvor erwarteter Appell des UN-Generalsekretärs an das Parlament, Malawis restriktive Gesetze gegen Homosexualität zu lockern, findet sich in Bans veröffentlichtem Redetext jetzt nicht mehr. Stattdessen lobte er später Mutharikas "mutige" Entscheidung.

Dennoch machte Mutharika Vorbehalte deutlich, als er die Begnadigung verfügte. "Ich habe dies aus humanitären Gründen getan, aber das heißt nicht, dass ich damit einverstanden bin", sagte er. "Diese Jungs haben ein Verbrechen gegen unsere Kultur, unsere Religion und unsere Gesetze begangen."

Der Schritt des malawischen Präsidenten stieß auch auf Kritik. Im benachbarten Simbabwe schrieb die Zeitung Zimbabwe Mail, Ban habe Malawi "erpresst", und leitete ihren Bericht mit folgendem Satz ein: "UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, der während seiner Amtszeit die meisten Probleme Afrikas verpasst hat und bis jetzt zu Kinderschändung durch katholische Bischöfe schweigt, ist aufgewacht und belehrt Afrika über lesbische und schwule Hochzeiten."

Aktivisten sorgen sich nun um die Sicherheit der beiden Freigelassenen, die während ihres Prozesses erheblich öffentlich angefeindet worden waren. In Deutschland forderte Grünen-Politiker Volker Beck die Bundesregierung auf, Monjeza und Chimbalanga Asyl anzubieten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • BH
    Bad Hair Days

    Den Kampf um wichtige Grundrechte für Homosexuelle mit Transphobie zu führen rückt die Menschenrechtskämpfer und die Presse nicht in ein gutes Licht.

     

    Ms Tiwonge Chimbalanga ist eine transsexuelle oder intersexuelle Frau, kein homosexueller Mann.

  • TJ
    Timm Johannes

    @Oberhart

    Was soll dieser Generalangriff auf die Religionen??? Innerhalb der Religionen und auch innerhalb des Christentums gibt es sehr unterschiedliche Haltungen. Beispielsweise erhält man/frau als schwul/lesbisches Paar in der protestantischen United Church of America oder in der lutherischen Schwedischen Kirche eine kirchliche Trauung. Und mit Eva Brunne gibt es beispielsweise eine offen lesbische, lutherische Bischöfin, was auch bei den Anglikanern in den USA möglich ist (siehe Mary Glasspool oder Gene Robinson).

     

    Also schön unterscheiden, mit welcher jeweiligen Kirchen-/Religionsleitung Du es zu schaffen hast.

     

    ---

    Im übrigen die Zustände in weiten Teilen Afrikas sind echt erschreckend. Während auf den Kontinenten Europas, Australiens/Neuseeland, Nord- Mittel- und Südamerika homosexuelle Handlungen legal sind, ist in Afrika, dem Armenhaus der Welt, dies in vielen Ländern nicht der Fall (positive Ausnahme ist da Südafrika).

     

    Afrika bedarf dringend der Hilfe, und dazu muss dort erstmal mehr Bildung und Aufklärung geleistet werden; insbesondere aber bedarf es dort einer GERINGEREN Geburtenrate, da dort viel zu viele Menschen geboren werden. Entwicklungshilfe in Afrika muss dringend diese Bevölkerungsexplosion dort stoppen.

  • D
    dieLINKE

    Diese Gnade ist grechter als mit der in Deutschland verübten Freigabe und sogar Förderung der praktizierten Homosexualität und rechtliche

    Gleichstellung homosexueller Partnerschaften

    mit der Ehe. Gerechter als das so genannte„Antidiskriminierungsgesetz“, wodurch

    bereits z.B. die öffentliche Verurteilung

    der Sünde als Diskriminierung bestraft wird.

  • AB
    Alex B.

    "Nie zuvor in der Geschichte hat eine Entscheidung eines malawischen Präsidenten so schnelle und so positive weltweite Reaktionen hervorgerufen."

     

    In mir kommt die Frage auf, ob jemals irgendeine Entscheidung eines afrikanischen Staatsoberhaupts oder irgendeine anderer Vorgang in den Staaten Afrikas weltweite Reaktionen hervorgerufen hat, wenn man sich damit nicht irgendwie auf kostengünstige Weise profilieren konnte. Die Rechte von Homosexuellen werden, wie die meisten anderen Menschenrechte, in vielen Staaten Afrikas immer noch mit Füßen getreten, worum sich die westliche Welt größtenteils einen feuchten Kehricht schert - von humanitären Problemen, Kriegen und Völkermorden, gar nicht erst zu reden.

  • O
    Oberhart

    Schade, dass in diesem Artikel Religion als treibende Kraft der Hetze gegen Homosexuelle keine Erwähnung findet.

     

    Und das übrigens nicht nur in Afrika, Arabien und sonstigen Zweite- und Dritte-Welt-Ländern mit zweifelhafter Menschenrechtslage sondern ganz massiv auch in Polen, Russland, Litauen, Lettland und den USA. Wer immer noch der kruden Meinung ist, dass (zumindest christliche) Religion Frieden und Toleranz predigt, der sollte sich mal dringend zwicken.

  • NF
    ned flanders

    Unterdrückung von Minderheiten geht eigentlich nur in Deutschland (oder den USA), ich glaube daher kein Wort von dem Artikel.

  • M
    marina

    man darf sich mal fragen, WER eigentlich ZUERST anti-homosexuellen gesetze in afrika platziert hat, wozu man noch einen schritt zurück geht und sich fragt, von wem sie ihr rechtssystem aufgedrückt bekommen haben. dass in afrika immer noch mehrere staaten homosexualität unter strafe stellen, ist jedenfalls sicher keine erfindung der afrikanischen (ur)kultur, sondern eine erfindung derer, die diese kultur regelmäßig für primitiv halten + der macht zu verdanken, die ein solches gesetz freisetzt und die dortige machthaber ebenso nutzen wie alle anderen auch, kurz: okzidentales erbe. und dann besitzen okzidentale repräsentanten die schamlosigkeit, von menschenrechtsverletzungen zu sprechen? unfassbar.

     

    aber es ist schön, dass ein solches urteil gesprochen wurde und auch, das die taz drüber schreibt.

  • H
    Heinz

    Ist Mugabe wirklich überzeugter Marxist wie es auf wikipedia steht?

     

    http://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Mugabe

  • H
    Hassmütze

    "Der seit 30 Jahren selbstherrlich regierende Präsident Mugabe ist für seine Ausfälle gegen Homosexuelle bekannt. Jüngst nannte er sie "schlimmer als Schweine und Hunde". Homosexualität sei "Wahnsinn" und eine "ausländische Praxis, die in unser Land importiert wurde". "

     

    Erinnert mich irgendwie an den Wahn dieser "Herrenrasse"-Vertreter, die so dermaßen gegen Homosexualität gewettert hatten dass man es kaum glauben konnte, als sich heruasstellte, dass es viele von denen selbnst waten. Möglicherweise fehlt bei dem Herrn Mugabe ja der erste Lover...