Entkriminalisierung von Homosexuellen: Vorsichtige Schritte in Malawi

Die neue Präsidentin Joyce Banda steht unter internationalem Druck, Homosexualität zu entkriminalisieren. Ihre ersten Schritte stoßen im Land auf Kritik.

Protest gegen die Verurteilung der zwei homosexuellen Männer in Malawi. Bild: ap

BERLIN taz | Das südostafrikanische Malawi macht nur selten Schlagzeilen. Zuletzt war das 2010, als zwei junge malawische Homosexuelle, die geheiratet hatten, zur Höchststrafe von 14 Jahren Haft verurteilt wurden. Seitdem belastet Homosexualität die Außenpolitik des äußerst konservativ-protestantisch geprägten Malawi, zum Leidwesen seiner Einwohner.

Malawis Präsidentin Joyce Banda, die seit dem Tod des gewählten Staatschefs Bingu wa Mutharika im April regiert, gilt als Reformerin. Schon früh äußerte sie die Absicht, das aus der britischen Kolonialzeit übernommene Gesetz zu reformieren, das Sodomie und gleichgeschlechtlichen Geschlechtsverkehr gemeinsam als „öffentliches Ärgernis“ definiert und mit hohen Haftstrafen belegt.

Am Donnerstag erklärte Justizminister Ralph Kasambara, dieses Gesetz sei ausgesetzt. „Diese Gesetze werden nicht mehr angewandt, bis das Parlament dazu eine Entscheidung getroffen hat“, sagte Kasambara auf einer Menschenrechtsveranstaltung.

„Wenn wir weiter auf der Basis dieser Gesetze Leute verhaften und anklagen, und später die Gesetze für verfassungswidrig erklärt werden, wäre das peinlich für die Regierung.“

2010 waren die beiden Verurteilten nach kurzer Zeit begnadigt worden, aber das Gesetz, aufgrund dessen sie verurteilt worden waren, blieb in Kraft. Als es um die Kriminalisierung von Lesben erweitert wurde, nahm Deutschland dies sowie ein restriktives Mediengesetz Anfang 2011 zum Anlass, die Hälfte der Budgethilfe für Malawi zu streichen.

Ein „konstruktiver Dialog“ mit Malawis Regierung scheine „nicht möglich“ zu sein, erklärte die Staatssekretärin im deutschen Entwicklungshilfeministerium (BMZ), Gudrun Kopp, und sagte einen Malawi-Besuch ab.

Hilfsgelder fließen nicht mehr

Großbritannien, größter Geldgeber Malawis, strich seine Budgethilfe 2011 sogar komplett, hielt aber das Geld nicht zurück, sondern lenkte es in Nichtregierungsorganisationen um. Unter Präsidentin Banda stehen die Zeichen aber wieder auf Zusammenarbeit.

Eine britische Parlamentskommission empfahl im Juli 2012 die Wiederaufnahme der Budgethilfe. Die deutsche Staatssekretärin Kopp holte im August 2012 ihre Malawi-Reise nach und äußerte sich lobend über die neue Präsidentin.

Konkrete Budgethilfszahlungen allerdings gab es noch nicht. Das bitterarme Malawi braucht aber dringend Devisen, nachdem die Maisernte dieses Jahr gegenüber 2011 um 7 Prozent sank und die Lebensmittelpreise in einem Jahr um fast 30 Prozent gestiegen sind.

Richter wehren sich

Mehr sexuelle Toleranz könnte nun Gelder aus Europa locker machen. Doch nun regt sich im Land Unmut. Gesetze unter Umgehung des Parlaments auszusetzen, sei rechtswidrig, reagierte der respektierte Verfassungsjurist Dunstain Mwaungulu auf die Ankündigung des Justizministers. Am Dienstag schwor Präsidentin Banda mehrere neue Richter ein und versprach, sich nicht in die Belange der Justiz einzumischen.

Hinter der Haltung von Richter Mwaungulu stecken nicht nur formale Bedenken. Er will die Kriminalisierung von Sodomie und Homosexualität entkoppeln, aber nur Ersteres legalisieren: „Das Sodomiegesetz hat mit Homosexualität nichts zu tun“, schrieb er 2011. „Es ist sehr kritikwürdig für einen Mann, Sex mit einer Kuh zu haben. Aber Sodomie geht leider auch, wenn man nicht schwul ist.“

Möglicherweise sei die Zeit noch nicht reif für eine umfassende Reform, sagte Präsidentin Banda im September. „Es war immer klar, dass das eine harte Schlacht wird“, kommentierte das südafrikanische Open Society Institute for Southern Africa.

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