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Mal eine neue KandidatinGrüne wählen ein klares Signal

Mit Kirsten Kappert-Gonther als Spitzenkandidatin und Bewerberin fürs Direktmandat ziehen Bremens Grüne in den Bundestagswahlkampf

Kirsten Kappert-Gonther heißt die Grüne Spitzenkandidatin in Bremen Foto: bes

BREMEN taz | Kirsten Kappert-Gonther kämpft bei der Bundestagswahl 2017 als Spitzenkandidatin der Grünen Landesliste auch ums Direktmandat im Wahlkreis Bremen Stadt. In Bremen-Nord und Bremerhaven bewirbt sich Gartenbau-Stadtrat Maurice Müller ums Direktmandat. Für ihn hat die Grüne-Landesmitgliederversammlung am Sonnabendnachmittag auf Platz zwei der Landesliste reserviert. Beide Male musste sich Müller, der vom Vorstand zur Bewerbung aufgefordert worden war, gegen MitbewerberInnen durchsetzen.

Kappert-Gonther, stellvertretende Vorsitzende und gesundheitspolitische Sprecherin der Bürgerschaftsfraktion, hatte keine Gegenkandidatin. Und Landesvorstandssprecher Ralph Saxe hatte sich zudem im Eingangsstatement „ein klares Signal“ der Versammlung gewünscht. Trotzdem war ihr Ergebnis von 88 Prozent Ja-Stimmen überraschend eindeutig. Sie löst ja die langjährige Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck als Kandidatin ab. Und viele hatten damit gerechnet, dass sich noch Groll der älteren Generationen im Votum artikulieren würde.

Denn nachdem die 50jährige Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutin im Frühsommer ihre Bewerbung angemeldet hatte, teilte Beck, bereits Mitglied der allerersten Grünen-Bundestagsfraktion 1983, im August mit, dass sie offenbar „vom Establishment“ nicht erwünscht wäre – und deshalb auf eine Kampfkandidatur ums Mandat verzichten werde. Für das sie sich indes gerne ein weiteres Mal beworben hätte.

Es folgten wochenlang merkwürdig orchestriert wirkende Leserbriefe und Lamentationen nebst belegschwachen Intrigenvorwürfen in überregionalen Qualitätsmedien. Für eine Landesmitgliederversammlung im September lag sogar ein Antrag vor, die 64-Jährige doch um eine abermalige Kandidatur anzuflehen. Der aber wurde dann kurz vor der Veranstaltung zurückgezogen. So it goes.

„Diese Bundestagswahl wird anders“, hatte Kappert-Gonther in ihrer Bewerbungsrede betont, „Sie wird kein Zuckerschlecken“: Die Grünen sehen sich als die politische Kraft die dem Populismus konsequent Paroli zu bieten habe. Das gehe nur „mit einer klaren Haltung“, so Kappert-Gonther. Grün müsse erkenbar für „Klimaschutz, eine offene Gesellschaft und ein solidarisches Europa“ stehen.

So betonte Kappert-Gonther, es sei richtig, Verbrennungsmotoren ab 2030 zu verbieten, und niemand werde Grün wählen, um in solchen entscheidenden Fragen herumzulavieren. „Wir sind die Generation, die als erstes die Auswirkungen des Klimawandels mitbekommt“, so Kappert-Gonther. „Und wir sind die Generation, die noch etwas gegen den Klimawandel unternehmen kann“. Es sei für sie klar, dass „viele, gerade junge Menschen grün leben – ohne grün zu wählen“. Diese müsse die Partei erreichen.

Mit Kappert-Gonther tritt erstmals eine Direktkandidatin an, die in keinem der Parteiflügel der Grünen fest einsortiert ist. Und die auch ein soziales Profil pflegt. Das kann strategisch von Bedeutung sein in einer Lage, in der auch die SPD, mit Sieling-Nachrückerin Sarah Ryglewski und Die Linke – die sich voraussichtlich im Januar zwischen Doris Achelwilm und Birgit Menz entscheiden wird – noch eher unbekannte Bewerberinnen ins Rennen ums Stadtbremer Mandat schicken.

Im zweiten Wahlkreis sind die Grünen stets schwächer, und in Bremerhaven durchleben sie eine tiefe Krise. Ausgerechnet, dass dort kein Direktmandat zu holen ist, hatte indes Müllers Konkurrent Ken Oduah zum Anlass für seine Spontanbewerbung genommen. Er sei „keine Rampensau“, so der Mediziner. „Ich will nicht in den Bundestag“, stellte er klar. „Ich habe aber zunehmend das Gefühl, mein Dasein hier in Deutschland begründen zu müssen“, erläuterte er. „Das finde ich eine fatale Entwicklung.“

Mit ihm als Direktkandidaten könne die Partei ein Zeichen gegen den wachsenden Rassismus setzen. „Ich würde kandidieren um zu zeigen: Es leben in diesem Land Menschen, die haben eine andere Hautfarbe als die, die man vielleicht als Ureinwohner bezeichnen kann.“ Damit erzielte er immerhin 36 Prozent der Stimmen.

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