Mahnmal-Einweihung in Bremen: Ein langer Weg zum Erfolg
2015 entstand die Idee eines Mahnmals, dass die restlose Ausplünderung der jüdischen Bevölkerung in der NS-Zeit thematisiert. Jetzt wird es eingeweiht.
Anlass der Mahnmal-Initiative, die damals von der taz ausging, waren die großen Jubiläumsfeierlichkeiten Kühne + Nagel, des in Bremen gegründeten, heute weltweit drittgrößten Speditionskonzerns – denn Bremen hatte als Hafen- und Logistikstadt einen besonderen Anteil an der „Verwertung“ des beweglichen Hab und Guts der jüdischen Bevölkerung.
Die komplette Ausplünderung, das Ausräumen der Wohnungen und Häuser, fand freilich überall in Deutschland statt und ebenso in den von der Wehrmacht besetzten Ländern. Die ungeheure Zahl von Möbeln und Haushaltsgegenständen, die versteigert und an die deutsche „Volksgemeinschaft“ verteilt wurden, galten, auch angesichts der zunehmenden Ausbombungen, als „siegwichtig“ für die Aufrechterhaltung der Kriegsmoral. Zugleich löschte das restlose Ausräumen die Lebensspuren der Vertriebenen und Ermordeten aus – und brachte große Mengen an „arisiertem“ Eigentum in die Familien der Profiteur*innen. Wie wollen wir mit diesem Erbe umgehen?
Mahnmal in Bremen wird errichtet
Die Errichtung des Mahnmals, gestaltet von Evin Oettingshausen, ist eine erste Antwort. Dass wir sie geben konnten, dass die Stadt Bremen das Projekt als Bauherrin umsetzt, verdanken wir der Unterstützung zahlreicher Personen, die sich politisch, finanziell und anteilnehmend eingebracht haben. Entsprechend würden wir uns sehr freuen, möglichst viele von ihnen am 10. September bei der Einweihung begrüßen zu können.
Der Spendenaufruf wurde von 210 Personen erstunterzeichnet, die sich seit Beginn der Bemühungen um ein Mahnmal für das Projekt interessiert und engagiert haben – von zahlreichen Bremer*innen ebenso wie von internationalen Fachleuten aus den Bereichen politische Bildung, bildende Kunst und Geschichtswissenschaft. Darin zeigt sich sowohl die überörtliche fachliche Unterstützung des Anliegens als auch der konkrete Rückhalt, den das Projekt in der Bremer Stadtgesellschaft gewonnen hat: Zu den Unterstützer:innen gehören die Bremer Ehrenbürger:innen ebenso wie Werder, der Sportgarten, Schüler:innen und Stadtteil-Initiativen.
Abendprogramm in der Bremischen Bürgerschaft
Der Bau des Mahnmals basiert auf einem im November 2016 fraktionsübergreifend gefassten Beschluss der Bremischen Bürgerschaft. Am 10. September 2023 um 18 Uhr lädt Bürgerschaftspräsidentin Antje Grotheer daher zu einem inhaltlichen Rahmenprogramm ein, bei dem Prof. Dr. Frank Bajohr, Leiter des Zentrums für Holocaust-Studien am Institut für Zeitgeschichte (IfZ) München einen Vortrag mit dem Titel „Opa war kein Profiteur? Zum gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Umgang mit der „Arisierung““ halten wird.
Des weiteren werden unter dem Titel „Das Bremer Mahnmalprojekt und seine Hürden: Schlaglichter und Schlussfolgerungen“ verschiedene Perspektiven auf das Projekt zu Wort kommen. Mit Sophia Beer und Levin Meyer stellen zwei Schüler:innen des Gymnasiums Horn ihre Gedanken zum Thema „Welche Rolle kann und sollte das Thema „Arisierung“ in der schulischen Bildung spielen?“ zur Diskussion.
Im Anschluss gibt es ein erinnerungspolitisches Panel mit dem Titel „Das Mahnmal steht, wie geht es weiter? Perspektiven, Herausforderungen und Fallstricke der Gedenkkultur“.
Bürgermeister Andreas Bovenschulte nimmt teil
Für die Teilnahme an der Einweihung des Mahnmals am 10.9. um 11 Uhr an den Weserarkaden durch Bürgermeister Andreas Bovenschulte ist keine Anmeldung erforderlich. Neben dem Bürgermeister werden dort auch Grigori Pantijelew von der Jüdischen Gemeinde Bremen und Barbara Maass aus Montréal sprechen, eine Enkelin des in Auschwitz ermordeten früheren Miteigentümers der Speditionsfirma Kühne+Nagel. Zudem werden Henning Bleyl als Initiator des Mahnmals und Evin Oettingshausen, Gestalter*in des Mahnmals, einen Beitrag leisten. Zusammen haben sie sich in den vergangenen sieben Jahren um die Umsetzung des Projekts durch die Stadt Bremen bemüht.
Musikalisch wird die Einweihung begleitet durch eine Komposition des Bremer Cellisten Don Jaffé, Mitglied der jüdischen Gemeinde, gespielt von Lynda Cortis.
Im Rahmenprogramm der Einweihung gibt es zudem einen begleitenden Workshop und Radtouren zu „Orten der Beraubung“ wie dem Weserstadion, in dem große Mengen „gebrauchter Oberbetten, Unterbetten und Kofkissen“ aus jüdischem Besitz an die „Volksgemeinschaft“ verteilt wurden.
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