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Magnet für Internet-Fans

Heute beginnt die „Internet World“. Die Veranstalter erwarten 566 Aussteller und Zehntausende Besucher in den Messehallen am Funkturm. Zeitgleich gibt es eine „Internet World“ in London

von RICHARD ROTHER

Von Unsicherheit ist in der Internetszene wenig zu spüren. Zwar machte mit dem Londoner Internetkaufhaus Boo.com das erste bedeutende Branchenunternehmen Europas vor ein paar Tagen Pleite – die Internet World wird dennoch wieder Rekorde brechen. „Die Messehallen unterm Funkturm sind seit Wochen total ausgebucht“, sagt Elfi Orterer, Sprecherin der Münchener Firma Communic, die die dreitägige Messe in Deutschland organisiert. 60.000 Besucher haben sich schon per E-Mail zu der Messe angemeldet, die heute beginnt. Im vergangenen Jahr kamen 20.000 Besucher nach Berlin. Zeitgleich findet in London auch eine Internet World statt.

Vor ein paar Jahren noch habe es Vorbehalte der Aussteller gegenüber Berlin gegeben, sagt Orterer. Die Communic-Sprecherin verweist jedoch auf die wachsende Bedeutung Berlins in der Internetszene. „Wir haben den Messestandort bewusst gewählt“, so Orterer. Berlin sei nicht nur ein kultureller Magnet und Sitz der Regierung, die Stadt entpuppe sich mittlerweile auch als ein Anziehungspunkt für die Internetbranche. Der Messe-Hype ist auch in der Stadt zu spüren. Bereits vor drei Wochen seien die relevanten Hotels ausgebucht gewesen, sagt Karl-Friedrich Joest. Dem Sprecher der Hamburger Internetfirma joest communications wurde statt dessen ein Zimmer in Frankfurt (Oder) angeboten; nur durch Zufall habe er noch ein Zimmer im Kempinski bekommen.

566 Aussteller zeigen, was zurzeit und in Zukunft im Web möglich ist. Allerdings reicht das noch nicht ganz an US-Verhältnisse heran. Bei der letzten Internet World in Los Angelas waren fast 900 Aussteller vertreten. Wer 50 Mark für den Eintritt übrig hat, kann unter anderem Brillen mit eingebautem Computerdisplay, Gürtel mit integriertem Pentium-Rechner, Handgelenktastatur-Computer und Ähnliches bewundern – bei einer so genannten Brave New Unwired World Fashionshow.

Christian Huthmacher ist zum ersten Mal als Aussteller auf der Internet World. Der Geschäftsführer der vor zehn Monaten gegründeten Berliner Internetfirma space2go verspricht sich von dem Messe-Engagement einen Einstieg in das lukrative so genannte Business-to-Business-Geschäft (B2B) – im Unterschied zum Business-to-Customer-Geschäft. Die Firma bietet ihren Kunden – bisher sind es zu einem Großteil Privatkunden – die Umwandlung ihrer Dateien in mobilfunkkompatible Formate an. Auf der Messe könne er mit vielen Interessierten zusammenkommen. Die Internet World kommt Huthmacher auch zeitlich gelegen. Durch den Gegenwind an den Börsen seien manche skeptisch gegenüber den Geschäftsaussichten der Branche geworden.

Vor Wochen waren die Aktienkurse verschiedener Internetfirmen zum Teil dramatisch eingebrochen. Den Grund weiß ein Szene-Insider: „Im Netz Sachen anbieten kann jeder. Aber wirklich Geld damit machen, das können nur wenige.“ Drei von vier Firmen würden bald wieder aus dem Webmarkt verschwinden. „Warten wir ab, wer im nächsten Jahr noch auf der Messe ist.“

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