Magna übernimmt GM-Tochter: 4.500 Opel-Stellen fallen weg
Bei Opel sollen 1.500 Arbeitsplätze mehr gestrichen werden als bisher offiziell bekannt war. Dabei wusste auch der Betriebsratschef Franz offenbar längst Bescheid.
RÜSSELSHEIM taz | Dass Magna bald die "Motorsäge" auspacken werde, um bei Opel in Europa Arbeitsplätze massenweise zu "fällen", hatte der Bezirksleiter der IG Metall in Darmstadt, Armin Schild, beklagt. Das war gleich nach der knappen Entscheidung der Opel-Treuhandgesellschaft am Donnerstag, 55 Prozent von Opel an das Konsortium rund um den kanadisch-österreichischen Autozulieferer zu übertragen. Schild wusste da wohl schon längst, was erst am Wochenende öffentlich wurde: Magna will 4.500 Jobs in Deutschland streichen, das bestätigte ein Sprecher - und nicht 3.000, wie bislang von vielen angegeben.
IG Metall und Opel-Gesamtbetriebsratsvorsitzender Klaus Franz, die Bundesregierung und auch die Ministerpräsidenten der vier Bundesländer, in denen es Opelwerke gibt, hatten offiziell immer von 3.000 Jobs gesprochen, die wegfallen. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) behauptete am Sonntag allerdings, allen sei der größere Jobabbau "bekannt gewesen". Die öffentlich propagierte Zahl von 3.000 Arbeitsplätzen, die Magna in Deutschland abzubauen beabsichtige, habe sich nur auf die Produktion bezogen. Und immer sei klar gewesen, dass auch in der Verwaltung Stellen wegfallen sollen. Betroffen ist davon vor allem das Stammwerk in Rüsselsheim.
An dem größeren Stellenverlust habe auch Franz, der auch Chef des Europäischen Arbeitnehmerforums von GM Europe ist, "nie einen Zweifel gelassen", sagte der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU). Bei den öffentlichen Auftritten des Betriebsratsvorsitzenden vor den Beschäftigten war davon jedoch nie die Rede. Auch nicht am vergangenen Donnerstag, als sich Franz in Rüsselsheim vor Werksangehörigen, die er als die "eigentlichen Helden von Opel" bezeichnete, noch einmal euphorisch zu Magna bekannt und die Entscheidung der Treuhand über den grünen Klee gelobt hatte. Die Beschäftigten in der Verwaltung von "New Opel" - wie das Unternehmen demnächst heißen soll - wähnten sich in Sicherheit. Zumal von den Betriebsräten, den Gewerkschaftern und den involvierten Politikern im Bund und in den Ländern auch immer wieder betont worden war, dass Magna anders als der Mitbewerber RHJ in Deutschland "nur" 3.000 Jobs streichen und alle Opelwerke erhalten wolle.
Bundesaußenminister und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier widersprach am Wochenende indirekt Koch und zu Guttenberg. Er habe bis jetzt "keine Anhaltspunkte für einen Arbeitsplatzabbau über die 3.000 angekündigten Stellen hinaus gesehen", sagte Steinmeier einer Illustrierten. Der Spitzenkandidat der Grünen für die Bundestagswahl Jürgen Trittin warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die sich für Magna starkgemacht hatte, angesichts der Meldungen über weitere Stellenstreichungen "falsches Krisenmanagement" vor. Bei Opel sei "leider noch gar nichts gerettet", so Trittin.
Tatsächlich stehen die Übernahmeverhandlungen zwischen Magna und der bisherigen Opelmutter GM noch aus. Es wird um Patente und Technologietransfer zu den Partnern von Magna in Russland gehen. Die EU-Kommission prüft zudem, ob die avisierten staatlichen Beihilfen von insgesamt 4,5 Milliarden Euro überhaupt mit dem EU-Recht zu vereinbaren sind.
In Belgien und Spanien proben die Beschäftigten der Opelwerke und auch die Regierungen schon einmal den Aufstand, weil sie von dem von Magna avisierten Abbau von 11.000 Stellen wohl am massivsten betroffen sein werden. Das Werk in Antwerpen steht zur Disposition, das Werk in Bochum vielleicht auch. Ein Zulieferer von Magna sagte im WDR, er wisse, dass Magna beabsichtige, das Werk zu schließen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!