Mafiafilm „The Outfit“: Intrigen und Verrat

Der Gangsterfilm „The Outfit“ lebt stark von seinem Hauptdarsteller Mark Rylance. Jede Regung seines Gesichts ist millimetergenau nuanciert.

Zoey Deutch als Mable und Mark Rylance als Leonard Burling stehen an beiden Enden eines Zuschneidetischs.

Leonard Burling (Mark Rylance) schneidert den Gangstern von Chicago die Outfits Foto: Focus Features, LLC.

„The Outfit“, das ist der Name für die Mafia in Chicago, das organisierte Verbrechen, Al Capone war ihr berühmtester, berüchtigtester Vertreter. Seine Geschichte und die der Mafia in Chicago hat das Hollywood-Kino von ­Howard Hawks’ „Scarface“ (von 1932, da war Capone seit einem Jahr als Steuersünder im Knast) bis zu Brian De Palmas „The Untouchables“ (1987) wieder und wieder erzählt. Der Titel von Graham Moores Spielfilmdebüt bezieht sich, im Dialog ganz ausdrücklich, auf diesen Zweig des organisierten Verbrechens. Einerseits.

Andererseits ist sein Protagonist Leonard Burling einer, der Anzüge macht. Das Schaufenster trägt als Aufschrift seinen Namen, darunter steht „bespoke“, ein Wort, das „maßgeschneidert“ bedeutet. Es ist allerdings ein sehr britisches Wort. Das passt, denn Leonard Burling ist ein sehr britischer Mann, den Mark Rylance – genauer gesagt: Sir David Mark Rylance Waters – sehr britisch spielt. Sein Handwerk hat er in London, in der legendären Savile Row gelernt. „English“ ist der Spitzname, den er bei seinen Kunden von der Mafia hat.

Er schneidert nämlich das Outfit für den kultur- und stilbewussten Gangster Roy Boyle (vom britischen Theater-Star Sir Simon Russell Beale, CBE, gespielt). Der allerdings ist nicht Teil des „Outfit“, sondern einer kleineren, konkurrierenden Organisation, die ihrerseits gerade mit der La-Fontaine-Organisation im tödlichen Clinch liegt. Zum Austragungsort dieses Kampfes hat Graham Moore die Werkstatt von Burling erwählt.

Hier ist ein Briefkasten, den die Boyle-Mafia zur Kommunikation nutzt. Hier gehen die Gangster ein und aus, nicht zuletzt der Sohn von Roy Boyle, der allerdings, anders als der Vater, ein zwar attraktiver, aber sehr ungehobelter Mann ist. Mit Oscar Wilde muss ihm der gebildete Burling gar nicht erst kommen.

Meister seines Handwerks

„The Outfit“ ist ein Kammerspiel von gemäßigtem Temperament, in dem noch das Blut sehr gepflegt fließt. Es sind vor allem Worte und Blicke, die die Handlung in Gang bringen, in Gang und voran. Und voran geht es nicht geradeaus, sondern mit Twists und Turns, denen zu folgen, von denen auf Schritt und Tritt überrascht zu werden, einen wichtigen Reiz des Films ausmacht, dem man jederzeit anmerkt, dass Regisseur Moore vom Schreiben her kommt (das Tor zur Regie hat ihm der Oscar für den Turing-Film „The Imitation Game“ geöffnet).

„The Outfit“ (USA 2022, Regie: Graham Moore). Die DVD ist ab rund 22 Euro im Handel erhältlich.

Darum nur ganz pauschal: Es geht um Intrigen, es geht um das Ausspielen der einen Organisation gegen die andere, es geht um neueste Abhörtechniken, es geht um Verrat. Die einzige Frau in der Runde ist einerseits wichtig, andererseits doch nicht so sehr.

Es gibt auch andere Reize. Vor allem Hauptdarsteller Mark Rylance, Star der britischen Bühne, seit dessen Neugründung 1995 zehn Jahre lang Direktor und vielfacher Regisseur und Darsteller des Globe-Shakespeare-Theaters. Ein Mann, ein Meister, der sein Handwerk nicht nur einfach versteht, sondern es von der Pike auf gelernt hat, der jedes einzelne Wort und jede Regung seines Gesichts millimetergenau nuanciert, der es höchstens mit der Zurückhaltung übertreibt, der in der großen Tradition eines John Gielgud oder Laurence Olivier steht.

Alles, was zur Feier des Schneider-Handwerks gesagt wird, und das ist nicht wenig, gilt übertragen auch für Rylance und Beale und die vom Theater kommende Großschauspielerei. Und für die Art Kino, die „The Outfit“ ganz offensiv sein will.

Das ist ästhetisch konservativ, ausdrücklich retro. Was aber passt. Alles ist hier sehr gediegen gekonnt. Mit ins rechte Licht gesetzten Subtilitäten, die man durchaus genießt. Auch wenn man sie mehr noch genösse, wären nicht alle hier so sichtbar stolz auf ihr Können.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.