: Männerkränzchen
■ Schmidt-Salon: Kiez-Betreiber und Beteiligte diskutierten über St. Pauli
Ein kommunikativer Disput sollte es werden, zum Tete-a Tete geriet es: Das Salon-Treffen mit mehr oder weniger Illustren des Stadtteils St. Pauli, zu dem Corny Littmann am Montag eingeladen hatte. Seinem jungen Hobby kann der Erfolgs-Kabarettist und Theater-Chef frönen, betreibt er doch mit Angies Nightclub neben dem Schmidts Tivoli auf dem Kiez ein plüschiges Gesellschaftszimmer, in dem es sich so ganz im Stile der 20er Jahre plauschen läßt.
Zu abendlicher Stunde versammelte sich dort eine nette, kleine Männerrunde zum vierten Salon Schmidt, um sich über „Kiez-wohin?“ unter Gesprächsleitung des Journalisten Florian Marten Gedanken zu machen. Allein an seiner Moderation kann es nicht gelegen haben, daß aus der heftigen Diskussion, wie es den ausschließlich geladenen Gästen angekündigt war, nichts wurde. Vielleicht lag es auch an der sträflichen Unterlassung, keine Frau als Gesprächspartnerin einzuladen. So verrutschte der Talk zur amüsant-harmlosen Selbstdarstellungsrunde einiger Männer.
„Die SPD macht hier nur Quatsch“, polterte nach seinen Kiez-Zukunftsängsten befragt, der Immobilien-Großbesitzer Claus Becker. Dessen eingefleischte Kritik an den rot-konservativen Stadtplanern St. Paulis, die ihn noch immer nicht in ihre Partei eintreten lassen wollen, ist auf dem Kiez bekannt. Doch da niemand aus der Talkrunde kontra setzte, präsentierte sich Becker als patenter Selbstdarsteller.
Der Ex-Unit-Betreiber und smarte Jungunternehmer Bernd Cunze bekannte mit einer Weißen-Weste-Masche: „Ich habe Angst vor den Drogenleuten auf dem Kiez. Die Mafia hat mir aus Konkurrenzneid mein Geschäft kaputtzumachen versucht. Die Spielhallen müssen weg.“ Katharina, mittlerweile zum Kiez-Original gekürter Transvestit und Seele nicht nur des Lokals „Toom Peerstall“, beschwichtigte die ob Drogengeld, außerhamburgischen Investoren oder ausländischer Mafia besorgten Männergemüter auf mütterliche Art: „Ach, Sankt Pauli ist noch gesund. Hier haben Grüne und PDS wenigstens die Nase weiter vorn als anderswo“. Ehrlich besorgt schien der bullige Peter Pawleck, als er beklagte: „Das neue Spielhallengesetz macht das Geschäft kaputt. Da kann niemand mehr am Finanzamt vorbeiverdienen“.
Kiez-wohin - eine Antwort gab es zumindest an diesem Abend: Im Schmidt-Salon wurde ein Stück St.Pauli-Kultur mit Original-Kiez-Beteiligten zelebriert. Der nächste Salon, dann wohl nicht nur für geladene Gäste, ist fürs Frühjahr geplant. Thema: Schwule Lebensläufe. wie
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen