Mängel des Fairphone 1: Letzte Chance Secondhand
Für das als nachhaltig angepriesene Handy liefert der Hersteller keine Ersatzteile mehr. Zu teuer, sagt Gründer Bas van Abel.
Doch jetzt scheint die Idee bereits erste Kratzer zu bekommen. Besitzern des Fairphone 1 werden keine Austauschteile mehr geliefert. „Wir haben alles in unserer Macht Stehende getan, um Ersatzteile wie Akkus zu bekommen“, sagt Bas van Abel, Gründer und Chef des Unternehmens. „Leider waren wir nicht erfolgreich.“
Die Firma, die gegen eine enorme Konkurrenz am Mobilfunkmarkt angetreten war, kommt an ihre Grenzen. Das Problem: Ersatzteile werden nur in geringen Mengen nachgefragt. Van Abel spricht von mehreren tausend Teilen. „Da wäre die Produktion schlichtweg zu teuer.“ Und kaum ein Hersteller wolle bei solch einer niedrigen Stückzahl einsteigen.
Damit ist langsam, aber sicher das Ende des ersten nachhaltig produzierten Modells von Fairphone eingeläutet. Als echte Niederlage für die Firma will van Abel das nicht verstanden wissen. „Uns ist klar, dass wir viele Menschen damit enttäuschen und sie frustriert sind“, sagt der Fairphone-Chef. „Es war auch für uns eine schmerzhafte Entscheidung.“ Aber das sei nun mal eine schlichte „ökonomische Realität“.
Allerdings nimmt van Abel in Anspruch, dass der Haltbarkeitsaspekt ursprünglich nicht im Vordergrund gestanden habe. Zunächst sei es um die Herkunft der Komponenten gegangen, sagt er. Um die Verbesserung der Lebensbedingungen in den Staaten, aus denen die Rohstoffe kommen, etwa Ghana oder der Kongo.
Einzelteile vom Community Marktplatz
Die Lebensdauer der einzelnen Teile sei eine zusätzliche Herausforderung: Jeder Akku funktionierte irgendwann nicht mehr, eine lebenslange Haltbarkeit gebe es für keines dieser Produkte. Trotzdem gehörten die Fairphone-Gründer mit zu den ersten Anbietern, die Ersatzteile aus der Lieferkette im Sortiment hatten – und damit die Erwartungen ihrer Kunden entsprechend anhoben.
Wer sein Fairphone 1 so lange wie möglich nutzen will – und das befürworten auch van Abel und seine Kollegen –, sollte sich auf dem Community Marktplatz der Firma umschauen. „Es gibt viele Leute, die ihr Fairphone nicht mehr nutzen und zur Verfügung stellen“, sagt van Abel. Auf der Plattform gibt es Einzelteile für Displays, Kamera, Ersatz für Schräubchen oder den Vibrationsmechanismus, aber auch komplette Handys.
Fairphone ist immer noch eine Ausnahme in der hart umkämpften Mobilfunkbranche. In der Regel bringen die Marktführer Apple und Samsung einmal im Jahr ein neues, heftig beworbenes Modell heraus.
Bas van Abel, Fairphone-Gründer
Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace kritisieren seit Langem, dass viele Smartphones nicht nur wegen ihrer geringeren Haltbarkeit, sondern auch weil sie schnell als veraltet erscheinen, weggeworfen werden. So wächst ein Berg von giftigem Elektroschrott, die ausrangierten Geräte landen nicht selten in Entwicklungsländern, schädliche Substanzen werden weder fachgerecht entsorgt noch gelagert, sondern gefährden die Bevölkerung.
Derzeit arbeiten auch die Fairphone-Entwickler an neuen Modellen. Schließlich konkurrieren auch sie um die Kundschaft, die nicht nur telefonieren, sondern auch Fotos schießen, ihr Leben verwalten und organisieren will. Wird es ein bald ein Fairphone 3 geben? Van Abel hält sich bedeckt. „Die Erfahrungen, die wir gemacht haben, fließen auch in die Entwicklung neuer Produkte ein“, sagt er ganz diplomatisch. Sicher ist aber, dass für das Fairphone 2 weiterhin Ersatzteile zu haben sein werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen