Machtwechsel in Burkina Faso: Ein würdevoller Übergang
Das Militär hatte nach dem Volksaufstand gegen Präsident Compaoré die Macht ergriffen. Jetzt macht es den Weg für eine zivile Übergangsregierung frei.
BERLIN taz | Es war eine würdevolle Feier, mit der Burkina Faso in der Nacht zum Montag die Weichen für seine politische Zukunft gestellt hat. Zweieinhalb Wochen nach dem Sturz des Langzeitherrschers Blaise Compaoré bekommt die Republik einen zivilen Übergangspräsidenten: den Diplomaten Michael Kafondo, der das Land bis zum nächsten regulären Wahltermin im November 2015 führen und dann die Macht an einen gewählten Nachfolger übergeben soll. Um 3.45 Uhr stand der Name fest, und das war der Höhepunkt und zugleich der Abschluss einer historischen Nacht.
Den Auftakt hatte Oberstleutnant Yacouba Isaac Zida gemacht, der Burkina Faso seit dem 1. Oktober regierte. Zadi unterzeichnete zunächst die „Übergangscharta“, auf die sich alle politischen Kräfte des Landes in den vergangenen zwei Wochen geeinigt hatten. Dann hielt er eine Abschiedsrede, auf der er den Volksaufstand gegen Compaoré Ende Oktober und die friedliche Entwicklung seither würdigte.
„Seit dem 30. Oktober hat sich das burkinische Volk mit sich selbst und mit seiner Geschichte versöhnt“, so Zida. „Im Symbolismus des Mutes, der Aufrichtigkeit und der Ehre, die das burkinische Volk seit jeher kennzeichnen, hat der Volksaufstand des 30. Oktober 2014 unserem geliebten Vaterland Burkina Faso seine Würde und seinen Respekt zurückgegeben.“ Das Volk habe gesiegt, und es bestehe jetzt die Gelegenheit, zu den revolutionären Idealen von 1983 zurückzufinden – damit bezog sich Zida auf die Machtergreifung des jungen Soldaten Thomas Sankara damals, die in Afrika als revolutionäre Erneuerung wahrgenommen wurde.
Zida traf damit für Burkina Faso genau den richtigen Ton, voller Stolz und Geschichtsbewusstsein. Dem vorausgegangen waren intensive Verhandlungen zwischen den politischen Kräften, in denen klar wurde, dass weder das Militär allein regieren kann noch die zivile Opposition einen Machtverbleib von Compaoré-Freunden unter dem Deckmantel einer Übergangsregierung tolerieren würde. Ob Letztere überhaupt eine Rolle spielen dürfen, war anfangs umstritten. Man einigte sich darauf, niemanden auszuschließen.
„Eine schwierige Verantwortung“
Die „Übergangscharta“ legt gleich in Artikel 1 die Werte fest, denen alle zu folgen haben: „Verzeihung und Versöhnung, Inklusion, Verantwortungssinn, Toleranz und Dialog, persönliche Integrität, Würde, Disziplin und Bürgersinn, Solidarität, Brüderlichkeit, Sinn für Konsens und Verstand.“ Konkreter wird es beim Wahlkolleg für den Übergangspräsidenten, dessen Zusammensetzung die Machtverhältnisse widerspiegelt: Die politischen Parteien, die zivilgesellschaftlichen Gruppen und das Militär entsandten je fünf Vertreter, traditionelle und religiöse Autoritäten zusätzlich acht. Im noch zu bestimmenden Übergangsparlament bekommen die Parteien 40 Sitze – 10 für das Compaoré-Lager, 30 für die bisherige Opposition; Zivilgesellschaft und Militär halten je 25.
Burkinas Medien weisen darauf hin, dass es seit Compaorés Sturz ausschließlich um Postenverteilung gegangen sei; das müsse sich jetzt ändern. „Damit Burkina Faso die Ereignisse vom 30. und 31. Oktober nicht noch einmal erlebt, muss es um die Lösung des Problems der Arbeitslosigkeit, des Zugangs zu Gesundheits- und Bildungswesen, die Überfüllung der Universitäten und die mangelnde Versorgung gehen“, mahnt ausgerechnet die Regierungszeitung Sidwaya.
Der frischgekürte Staatschef Kafando sagte nach seiner Ernennung, seine Wahl sei „eine schwierige Verantwortung“. Sein Ziel sei „eine wahrhaft demokratische Gesellschaft, in der soziale Gerechtigkeit, Toleranz und die Einheit der Herzen die wichtigsten Bezugspunkte sind.“ Und er fügte hinzu. „Gott helfe uns.“
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