MODEMETROPOLEBERLIN: Aus für Kreativität?
■ Steigende Gewerbemieten bedeuten für viele DesignerInnen das Ende ihrer kreativen Möglichkeiten
Berlin war in den zwanziger Jahren eine Stadt, in der sich Kunst und Kultur trafen. Den Charme des Kurfürstendamms machten vor allen Dingen die vielen kleinen Modeläden aus, die in jenen Tagen wie Pilze aus dem Boden schossen. Mode aus Berlin hatte einmal einen internationalen Ruf. Nur wenig konnte sich aus jener Zeit bis heute hinüberretten. Berlin ist längst keine der großen Modestädte mehr, Düsseldorf vor allem und München haben ihr den Rang in Deutschland abgelaufen. Paris und Mailand liegen als Vorbilder in weiter Ferne. Aber in den vergangenen Jahren konnte sich immerhin eine Modekultur erhalten, die sich durch ihre Individualität auszeichnete. Die Off-Mode wurde hier kreiert, und die Designer konnten ihre Modelle in eigenen Läden mit halbwegs erschwinglichen Mieten anbieten.
Aber auch diese Zeiten scheinen nun vorbei zu sein. Immer mehr der kleinen Boutiquen — und mit ihnen alle Kleingewerbetreibenden — müssen um ihre Existenz fürchten. Mieterhöhungen um 300 oder 400 Prozent bei Auslauf bestehender Mietverträge sind heute an der Tagesordnung.
Berlin soll Metropole werden, die neben Paris, New York und London bestehen kann. Doch eine Metropole zeichnet sich nicht dadurch aus, daß man ihren kreativen Impulsen die materielle Basis entzieht. Das Eindampfen der Berliner Modeszene auf Kaufhaus-Mainstream und Luxusboutiquen — beide gehören zu der Klientel, die sich teure Gewerbemieten leisten können — wird Berlin mehr denn je zu einer Randerscheinung der internationalen Modeszene machen. Wird dem nicht entgegengewirkt, behält Berlin nicht nur seinen in dieser Hinsicht provinziellen Charakter, sondern verliert darüber hinaus sein vielbeneidetes Charakteristikum: die kreative Individualität der Künstler, Designer und Lebensoptimisten! Biank Rodalquilar
Christine Beckmann
Die AutorInnen betreiben in Berlin- Charlottenburg eine Boutique für Dékolletéschmuck und Kleidung.
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