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MERKEL HAT KEIN KONZEPT FÜR EINE AGRARWENDE – UND WILL AUCH KEINEBauernopfer der Union

Selbstbewusst war das nicht. Auch mehr als 100 Tage nach der Gründung des Verbraucherministeriums hat Angela Merkel noch keinen Weg gefunden, wie sie an der Agrarfront punkten könnte. Auf dem CDU-Landwirtschaftskongress in Berlin dominierte gestern die Defensive. Man identifizierte sich mit den beleidigten Landwirten, die sich als die eigentlichen Opfer des BSE-Skandals fühlen.

So leckten sich die versammelten Bauernfürsten der Union ihre Wunden, während Merkel ein paar billige Attacken gegen Künast und „ihre Agrarwende“ fuhr. Weil Schröder die Steuern auf den Agrardiesel nicht schnell genug senkt, gilt er hier schon als der Totengräber der Bauern. Dabei sterben die Höfe schon länger, als es Rinderwahn gibt. „Wachse oder weiche“ – so hieß jahrelang die Maxime nicht nur der Agrarpolitik der EU, sondern auch der Union. Das kümmert Merkel wenig: Nein, eine Agrarwende braucht es nicht, verkündet sie fröhlich, bloß eine „Fortentwicklung der Agrarpolitik“. Wenn das mal nicht der Kunde hört. Vorsichtshalber war gestern kein Verbraucherschützer geladen. Für diese Auseinandersetzung, so muss man fürchten, ist die CDU noch nicht reif. Trotzdem hat sich etwas geändert: Auch in der Basis der Union ist angekommen, dass Bauern verbrauchernäher und ökologischer wirtschaften müssen. Anders ist nicht zu erklären, dass EU-Agrarkommissar Fischler großen Beifall für diese Thesen bekam. So ein „EU-Bürokrat“ wäre auf demselben Kongress vor einem Jahr noch als „Bauernmörder“ ausgebuht worden. Doch nun applaudiert man, weil der behutsamer reformieren will als Rot-Grün.

Fischler ist fast der Einzige, der sich derzeit mit Künast messen kann – und praktischerweise ist er Mitglied der österreichischen Schwesterpartei ÖVP. Der ideale Gast für Merkel also. CDU-Ministerpräsidenten suchte man dagegen vergeblich. Auch fehlte der profilierteste Agrarpolitiker der Union, Edmund Stoiber. Das liegt nicht nur an seinen Ambitionen als Kanzlerkandidat. Tatsächlich werkelt er, wie seine CDU-Länderkollegen, im Bundesrat sehr konstruktiv an Künasts Agrarwende mit. Nur passt das nicht in das Bild, das Merkel zeichnen möchte. MATTHIAS URBACH

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