MASSNAHMEN DER EU GEGEN DIE FPÖ-ÖVP-REGIERUNG WAREN SINNVOLL: Die Botschaft ist angekommen
Es wächst ein Unbehagen in Europa, und wo immer man hinhört, ist es beinahe Konsens, wenngleich ein mehrstimmiger: Die EU-Maßnahmen gegen die österreichische Regierung, Anfang Februar verkündet, seien „überzogen“ und „ungerecht“ (so schallt es fast unisono aus Österreich), sie seien „wenig durchdacht“ gewesen und hätten die Union in eine Sackgasse geführt, aus der sie nun nicht mehr herauskomme (diese Meinung setzt sich langsam in Europa durch).
Diese Sicht ist natürlich nicht ganz falsch, und dennoch müssen ein paar Dinge festgehalten werden. Erstens: Die 14 EU-Länder haben eine starke, vernehmbare Botschaft entsenden wollen, dass es mit den „europäischen Werten“ – wie wenig kodifiziert die auch sein mögen – nicht vereinbar sei, rassistische und ausländerfeindliche Wahlkampagnen auch noch mit Ministerposten zu belohnen. Diese Botschaft ist angekommen und hat Europa verändert, auch wenn sie nicht unmittelbar die Zusammensetzung der Wiener Regierung verändert hat. Zweitens: Es ist im Zweifelsfall besser, ein nicht bis ins Letzte durchdachtes Instrument einzusetzen als gar keines. Drittens: Der Schritt der EU-14 hat im Februar die österreichische Zivilgesellschaft aufgerüttelt, deren Widerstand angestachelt. Die Sanktionen wurden erst in weiterer Folge zu einer Belastung für die Opposition.
Wer jetzt beckmesserisch feststellt, Chirac, Schröder, Guterres & Co. hätten einen schweren Fehler begangen, muss erst einmal sagen, was sie denn sonst hätten tun sollen. Sollte Europa einfach untätig zusehen und dieses Koalitionsabkommen wie eine „normale“ Regierungsbildung behandeln? Wäre dafür nicht langfristig ein noch höherer Preis zu zahlen gewesen? Ein jegliches hat seine Zeit. Die Botschaft der Maßnahmen war notwendig. Heute haben sie, zweifelsfrei, teilweise ihren Sinn ins Gegenteil verkehrt. Würde die EU sie jetzt aufheben oder langsam auslaufen lassen, wäre es kein Schaden – und auch nicht unbedingt ein Zugeständnis an die Wiener Regierung. Die 14 Staaten haben deutlich gemacht, dass sie so eine Regierung nicht wollen. Dafür zu sorgen, dass diese Regierung ein Intermezzo bleibt, ist aber Sache der Opposition in Österreich. ROBERT MISIK
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