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Lufthansa fliegt auf Air Berlin

Poker Europas größte Airline will 90 der 140 Flugzeuge der Pleite-Gesellschaft übernehmen

FRANKFURT rtr/afp | Der größte Teil der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin könnte schon bald beim Konkurrenten Lufthansa landen. Insider sagten Reuters, Lufthansa wolle bis zu 90 der 140 Maschinen übernehmen, darunter die Tochter Niki mit 20 Flugzeugen. Auch der britische Billigflieger Easyjet soll sich für die Maschinen von Niki interessieren.

„Wir brauchen einen deutschen Champion im internatio­nalen Luftverkehr“, sagte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) der Rheinischen Post. Deswegen solle Lufthansa wesentliche Teile von Air Berlin übernehmen, regionale Monopole dürften dabei keine Rolle spielen.

Air Berlin hatte am Dienstag Insolvenz angemeldet, weil Großaktionär Etihad kein Geld mehr zuschießen wollte. Unmittelbar darauf hatte der Bund angekündigt, die Airline mit einem 150 Millionen Euro schweren Überbrückungskredit zu stützen. Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig (SPD) ging am Donnerstag davon aus, dass Kredit und Verkauf von Air Berlin die Zustimmung der Wettbewerbshüter bei der EU-Kommission bekämen. Je größer die Teile sind, in die die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft zerschlagen wird, desto größer ist die Chance, dass sich Brüssel für zuständig erklärt und die Entscheidung nicht dem Bundeskartellamt überlässt. Dessen Präsident Andreas Mundt sagte, seine Behörde werde sich die Pläne „gegebenenfalls sehr genau ansehen“. Deutschlandweit wickelt die Lufthansa derzeit 68 Prozent der Inlandsflüge ab, Air Berlin 27 Prozent.

Offenbar will Lufthansa 90 Flugzeuge von Air Berlin unter der Marke Eurowings weiterbetreiben. 38 Maschinen hat die europäische Nummer 1 bereits jetzt samt Crews von Air Berlin gemietet. Die Verhandlungen sollen am Wochenende beginnen. „Geht alles glatt, könnte Air Berlin bereits im September zerlegt sein“, berichtet die SZ.

Alle 8.500 Stellen der Fluggesellschaft sind offenbar nicht zu retten. Die Gewerkschaft Verdi macht sich vor allem Sorgen um die 1.000 Mitarbeiter in der Verwaltung und 850 in der Technik. Die Käufer sollten „Beschäftigte von Air Berlin zu fairen Konditionen übernehmen“, forderte Bundesvorstand Christine Behle.

Zum Verkauf stehen vor allem Start- und Landerechte (Slots). Sie standen Ende 2016 noch mit 80 Millionen Euro in der Bilanz von Air Berlin. Aus dem Erlös soll der Kredit der Staatsbank KfW getilgt werden.

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