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Lucas Liskowski über eine Kooperation zwischen Google und dem TechnikmuseumNächster Halt Vergangenheit

Mit Google Street View Berlin oder Paris ausbaldowern, kein Problem. Mit Street View durch kleine Zugmodelle des Technikmuseums laufen, auch kein Problem. Von Supermarkt bis Barbershop, immer mehr Läden werden begehbar gemacht. Doch dass auch Museen aus aller Welt mitmischen ist bisher kaum bekannt.

Das Ganze funktioniert über Wep und App mit „Google Arts & Culture“ (GAC). Museen werben über den Dienst mit Online-Ausstellungen für sich. Diese bestehen zum einem aus Texten, Fotos und Videos, zum anderen aus virtuellen Rundgängen im Street-View-Style. Die Idee dahinter ist, Menschen umsonst Kultur näher zu bringen, für die die Schwelle sonst zu hoch sei. So betont es zumindest Amit Sood von „Google Arts & Culture“. Es ist natürlich ein offenes Geheimnis, dass es dem Datenmonster auch um kulturelles Kapital, Klicks und ums Datensammeln geht. Das wiederum betont eher Daniel Wesener, für die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, gegenüber der taz. Man kann die Zusammenarbeit mit der Firma kritisieren, meint Wesener, aber es sei auch ein wichtiges Gut, dass öffentliche Museen eigenständig handeln können.

Das Technikmuseum selbst betrachtet die Zusammenarbeit mit „Google Arts & Culture“ hingegen als unproblematisch. Laut Aussage der Presssprecherin sei man sich seiner Verantwortung als städtisches Museum bewusst. Zum Beispiel kläre man vor Ort über die Gefahren auf, die große Digitalkonzerne mit sich bringen. Und auch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa in Berlin bestätigt, dass die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eingehalten und auch die Rechte für Bilder und Daten beim Technikmuseum verbleiben würden.

Das erste Projekt des Technikmuseums mit „Google Arts & Culture“ heißt: „Nächster Halt: 1900!“ In neun Online-Ausstellungen werden Eisenbahn-Großmodelle aus dieser Epoche zugänglich. Man klickt sich entweder durch Ausstellungsobjekte, während einem passende Passagen aus der Weltliteratur vorgelesen werden. Oder es werden Fragen rund um die Entstehung, Funktion und Relevanz der Eisenbahn beantwortet. Die Ausstellungsmacher wurden dabei von einem Schülerrat aus angehenden Abiturienten beraten mit dem Ziel, für Kinder und Jugendliche verständlich zu bleiben.

Das besonders Interessante ist: Man merkt bei der 360-Grad-Erfahrung nicht, dass man sich gerade durch fünfzigmal kleinere Modelle bewegt. Der Detailreichtum reicht von Sitznummern, die so groß sind wie die Buchstaben in einer analogen Zeitschrift, über Toilettenpapierhalter bis hin zu roten Notbremsen. Es entsteht erst wieder ein realistisches Größenverhältnis, wenn man sich die „kleinen“ LED-Lämpchen an der Decke anschaut.

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