■ Low-Budget-Kick: Mieses Spiel mit Jens Duve
Sie galten vor der Saison als der potentielle Oberliga-Absteiger Nummer eins, der Klassenerhalt schien unerreichbar. Der Verein für Leibesübungen von 1893, im schönen Winterhuder Stadtpark gelegen, holte sich den jungen, unerfahrenen Trainer-Newcomer Jens Duve (31), Reha-Spezialist und vormaliger Prof des FC St. Pauli. Die meisten Leistungsträger verließen den Verein, der Kader wurde mit jungen und völlig unbekannten Spielern aufgefüllt. Ein Himmelfahrtskommando dachten viele, „Mut hat er ja“, sagten viele. Doch Jens Duve hatte nicht nur Mut, sondern bewies auch Klasse. 14:14-Punkte, Platz sieben, die Konkurrenz staunte, Jubel am Borgweg.
Doch der ist jäh unterbrochen worden. Am letzten Dienstag trennten sich der VfL 93 und Coach Jens Duve - wie es so schön heißt - im beiderseitigem Einvernehmen. Es war die Rede von unterschiedlichen sportlichen Auffassungen. Stellt sich die Frage: Waren die Bosse beim VfL 93 mit der sportlichen Arbeit von Trainer Jens Duve etwa nicht zufrieden? Kaum denkbar. Deshalb vermuten Insider einen ausgemachten Komplott. Drahtzieher: VfL 93-Manager Klaus „Coppy“ Beck. Sozusagen Fachmann im Wegekeln von Trainern. Letzte Serie kippte er Bert Ehm aus dem Amt, Jetzt Duve.
Der Hintergrund: Uwe Erkenbrecher, der den VfL 93 in der letzten Serie nach der Entlassung von Ehm vor dem Abstieg rettete, ließ nach seiner Entlassung bei Carl Zeiss Jena durchblicken, daß er gerne wieder zum VfL 93 zurückkehren würde. So soll „Erke“ beim VfL bereits vor zwei Wochen einen Vorvertrag unterschrieben haben, lauerte fortan darauf, daß er Duve so schnell wie möglich ablösen könne. Da dieses aus sportlichen Gründen unmöglich schien, ist es besonders gut, wenn man an den richtigen Positionen Freunde hat. So wurde kurz mal ein Streit vom Zaun gebrochen und Duve reagierte so, wie es sich die Drahtzieher des Komplotts erhofft hatten: „Ich laß mich hier nicht veräppeln, mehr möchte ich lieber nicht sagen.“ Da verwundert es auch wenig, daß Erkenbrecher bereits einen Tag nach der Trennung von Jens Duve einen Vertrag bis zum 30.06.95 am Borgweg unterschrieb. Wie günstig, daß am Wochenende spielfrei in der Oberliga ist. Der Termin war gut gewählt...“
Einen neuen Termin haben sich auch die Amateure des FC St. Pauli für das Topspiel gegen den Meister und Spitzenreiter SC Concordia ausgesucht. Bereits heute (19.30) gibt's die 16. Folge der so beliebten Serie:“ Wie schaffe ich es, den SC Concordia die erste Niederlage beizufügen.“ FC-Manager Jürgen Wähling:“Wir können nur eins und das ist stürmen. So wird Concordia sich auf einen heißen Schneewalzer einstellen können.“ So schlugen sie auch am Dienstag in überzeugender Manier den SC Condor mit 5:1. Und solte es nicht klappen, muß die so beliebte Serie zumindest nicht eingestellt werden...
Pille
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