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Lohnen sich Förderrenten?Riester und Rürup werfen wenig ab

Aktuell erhältlichen Förderrenten schaffen laut Studie nicht einmal den Inflationsausgleich. Allerdings hat die Berechnung auch eine große Schwäche.

Wer von seiner Riester- oder Rüruprente profitieren möchte, sollte lange fit bleiben und alt werden Foto: Nomad Soul/Panthermedia/imago

Berlin taz | Die meisten derzeit abschließbaren Verträge für eine Riester- oder Rürup-Rente bringen den Kunden in der gesamten Laufzeit nicht einmal einen Inflationsausgleich ein. Das ergaben Berechnungen des Versicherungsmathematikers Axel Kleinlein für die Organisation Finanzwende. Die Untersuchung nahm 111 Angebote unter die Lupe. Von 22 Riester-Produkten schaffte nicht eines eine Rendite von zwei Prozent über die gesamte Laufzeit. Bei den 89 Rürup-Verträgen erreichten nur zwei diese Zielmarke. Eine Inflationsrate von zwei Prozent entspricht dem von der Europäischen Zentralbank angepeilten Wert. In den vergangenen Jahren lag die Teuerungsrate deutlich darüber. „Das ist ein trostloses Ergebnis“, sagt Britta Langenberg, bei Finanzwende für Verbraucherschutz zuständig.

Mathematiker Kleinlein hat die Rendite neuer Verträge mit einer Laufzeit von 30 Jahren kalkuliert. In die Berechnung flossen sowohl die Wertentwicklung in der Ansparphase als auch die Erträge während der Rentenzeit ein. Letzteres ist der Hauptgrund für das miese Abschneiden der Produkte. Denn die Versicherungen setzen in der Regel eine sehr hohe Lebenserwartung für die Kalkulation der Rentenzahlungen an. Laut Kleinlein müsste ein heute 37-jähriger Mann 99 Jahre alt werden, um seine Einzahlungen in eine Riester-Rente wieder herauszubekommen, ein Jahr länger bei einem Rürup-Vertrag.

Die Versicherer müssen zwar einen Sicherheitspuffer in ihre Kalkulation einbauen. Doch fällt dieser Kleinlein zufolge oft zu hoch aus. In der Ansparphase verringern hohe Kosten der Versicherungen eine bessere Rendite. Laut Studie weichen oft auch die in den Produktinformationsblättern angegebenen Kosten von denen ab, die für die Berechnung der Vermögensentwicklung zugrunde gelegt werden. Wird hier von niedrigeren Kosten ausgegangen, wird das Produkt lukrativer.

Die Experten halten beide Förderrenten daher für untaugliche Formen der Altersvorsorge. „Wir können noch keinen Kundennutzen bei diesen Produkten feststellen“, sagt Kleinlein, „da muss sich etwas tun.“ Die Förderrenten stehen schon seit ihrer Einführung in der Kritik. Verbraucherschützer werfen den Anbietern insbesondere zu hohe Kosten vor. Auch deshalb soll die geförderte private Altersvorsorge reformiert werden. Doch auch nach jahrelanger Diskussion darüber hat die Bundesregierung noch keine Neuordnung der Förderrente vorgenommen.

Individuell können die Produkte doch lukrativ sein

Allerdings: Die Finanzwende-Studie hat auch eine große Schwäche. Die Ergebnisse sagen wenig über den individuellen Nutzen eines Produktes aus. Auch beziehen sie sich nur auf neue Verträge. Bei alten Policen und individuellen Fallkonstruktionen könnten die Berechnungen ein deutlich besseres Resultat ergeben.

Kleinlein hat nur die Struktur der Produkte untersucht. Außen vor blieb die staatliche Förderung, die zum Beispiel bei Familien mit mehreren Kindern üppig ausfällt. Ebensowenig wurden steuerliche Aspekte berücksichtigt. In der Ansparphase vermindern die Einzahlungen in eine Förderrente die Abgabenlast. Dafür müssen die Erträge später bei der Rentenzahlung versteuert werden.

In welchem Umfang dies wirkt, hängt von der individuellen Lebenssituation ab. Um dies abzubilden, müssten sehr viele Modellrechnungen erstellt werden. Bundesweit haben derzeit knapp 16 Millionen Arbeitnehmer einen Riestervertrag. Der Bestand ist seit Jahren leicht rückläufig.

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4 Kommentare

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  • JEEEEEECK! NIT MÖÖÖÖÖGLISCH! Ja wer hätte DAS nur wieder gedenkt?!

    Unironisch: Das hat Potential, das deutsche Pendant zur US-student-loan-Bubble zu werden.



    Diese Anlagen kleben einem ja wie Scheiße an den Hacken. Sorry aber isso.

    Da werden in Zukunft wohl ein paar sehr grundlegende Fragen vor Gericht geklärt werden müssen; das Ganze ist zu groß um es mit "caveat emptor" wegzuschulterzucken.

  • Natürlich lohnen sich diese Renten. Für Maschmeyer & Co. Gas-Gerd sei Dank.

  • Eine Versicherung ihr Geld nicht wert? na da hauts mich ja aus den Socken...daß die Porschefahrer zu viel Provision verlangen kann ich mir schon mal nicht vorstellen.

    Und daß 2% Inflation noch von der taz erwähnt werden ist immerhin noch ehrlich. Allerdings haben wir 6% derzeit, gefühlt 20% und da gehts sicher den meisten noch nicht weit genug.(2022; 2023 ist bei 7....gesamt 14...schon mal 7 Jahre verloren)

    Diese Versicherungen funktionieren nicht mal, wenn ein prognostiziertes Wachstum halbwegs eingehalten wird. (das ist die zweite Größe, die wir beobachten müssten)

    Aber das ist wahrscheinlich der Grund warum die FDP so hartnäckig das Grundeinkommen blockiert, boykottiert und schlechtredet...wenn man nämlich in Zukunft auf Sozialhilfe angewiesen ist, freut sich der Staat (angeblich). Denn wenn das Grundeinkommen bei 1500€ liegt, wir eine Rente von 1200 bekommen, dann muss der Staat aufstocken...



    Haben Sie fleißich in die Riesterrente eingezahlt, lacht der Versicherer...der lacht ja schon heute...dem ist das wurst, genauso wie dem Staat (das ist ja das Hauptversicherer-Argument: der (böse) Staat will Dein Geld)



    Also: jung zahlt für Alt...fertig (wußten Sie, daß Einkommen über 8000 pro Monat da komischerweise nicht mitmachen?)

    • @Klaus Witzmann:

      "Allerdings haben wir 6% derzeit"

      Aufs Jahr, und man kann leider nicht oft genug sagen, das das in der OECD aktuell noch zu den Besseren gehört. Andere Länder (*hust* Ungarn *hust*) sind heilfroh wenn sie unter 6% im Quartal schaffen...

      Für solche langfristigen Anlagen sind aber auch die 6% p.a. schon ein Rezept für Desaster; das rechnen Sie da schon ganz richtig vor.

      Weit mehr als die halbe EU beneidet die BRD um ihre (relativ) "niedrige" Inflationsrate... aber unser Problem ist ein anderes, nämlich dass die Binnenökonomie nicht tragfähig ist, und Deutschland volkswirtschaftlich dermaßen am Tropf des globalen Seehandels hängt wie so ziemlich kein anderes Land in Europa und nur wenige in der Welt.

      Im Fall einer langanhaltenden globalen Handelskrise nutzt diese "relativ niedrige" deutsche Inflation einen Dreck; die wird in dem Fall erst ein Klotz am Bein des BIP sein, und dann ein Fallbeil (nur dass sie rauf statt runtergeht).

      Ich mein, hey, ihr habt ja gesehen, was 6 Tage Ever Given quer im Suezkanal liegend in den Supermarktregalen angerichtet haben. Oder 2 Wochen Covid-Stau an der polnischen Grenze. Oder wie grad wieder den ganzen importabhängigen Betrieben heftigst die Düse geht wegen den Huthi. Und wie lang die Nachwirkungen jedes Mal noch an den Lücken in den Supermarktregalen zu sehen sind.

      Wenns wirklich hart auf hart kommt, ist so'n Vertrag am Ende weniger wert als ein Schuhkarton voll gutsortierter Gemüsesamen... da kriegste nämlich mit einiger Sicherheit soundsoviel Kilojoule an Nährstoffen p.a. raus, während insbesondere diese modernen hochgradig fälschungssicheren Banknoten noch nicht mal als Klopapier oder zum Feuermachen taugen.

      Insofern danke SPD/Grüne für diesen Renten-Bockmist, und danke danke danke CDU/CSU/FDP dafür dass ihr Deutschland zum EXPORTMEISTER YEAH gemacht und unsere Binnenwirtschaft in den Orkus gefahren habt...