Logistik von LKWs: Kampf den Leerfahrten
Die EU-Kommission will die Zahl von Lastern verringern, die ohne Fracht unterwegs sind. Der Branchenverband fürchtet Billigkonkurrenz aus Osteuropa.
BERLIN taz | Beispiele für das alte Dilemma zwischen Umweltschutz und Menschenschutz gibt es viele: Fliegen Flugzeuge nach dem Start einen Umweg, um dicht bewohnte Gebiete zu meiden, werden Menschen vor Lärm geschützt, aber die Umwelt wird mit zusätzlichen Abgasen belastet.
Ähnliches gibt es beim Lkw-Verkehr: Fahren ausländische Laster leer durch Deutschland, weil sie auf ihrem Transitrückweg innerhalb von einer Woche nur drei Ladungen aufnehmen dürfen, werden hiesige Fahrer und Unternehmer vor Billigkonkurrenz geschützt. Andererseits aber belastet jede Fahrt ohne Ladung die Umwelt. Diesen Leerfahrten sagt nun die EU-Kommission den Kampf an, wie aus ihrem am Montag veröffentlichten Bericht hervorgeht.
Wegen der unerwünschten Effekte beim Kraftstoffverbrauch, bei den Kohlendioxidemissionen und den Kosten sollten Leerfahrten so weit wie möglich reduziert werden, heißt es in dem Bericht.
Zwar sei ihre Anzahl in den vergangenen Jahren schon leicht zurückgegangen – fast ein Viertel, nämlich 23,2 Prozent, der von Lastern in der EU gefahrenen Kilometer seien aber immer noch unbeladen zurückgelegt worden. Die Quote der Leerfahrten im Inlandsverkehr liege sogar über 25 Prozent. Betrachtet man verschiedene Transportmärkte, analysiert die EU-Kommission weiter, gebe es in wettbewerbsintensiven Bereichen weniger Leerfahrten als in weniger wettbewerbsintensiven.
Ein Dorn im Auge sind den Brüsseler Kommissaren vor allem die Restriktionen für inländische Transporte durch ausländische Anbieter, die Kabotage genannt werden. Eine Abschwächung könnte zu einem effizienteren und ressourcenschonenderen Transportsektor führen, so die Kommission. Verkehrskommissar Siim Kallas: „Die aktuellen Regelungen sind unwirtschaftlich für die Unternehmen, beeinflussen andere Verkehrsteilnehmer und sind schlecht für die Umwelt.“
Kraftfahrerberuf attraktiver machen
Allerdings müssten sowohl ökonomische als auch soziale Aspekte bedacht werden. Nötig seien also Maßnahmen, die die Arbeitsbedingungen der Fahrer verbesserten und den Kraftfahrerberuf attraktiver machten. Dazu gehörten auch Initiativen gegen Steuer- und Sozialbetrug. Auch gebe es noch Handlungsbedarf bei der Durchsetzung der Regeln im Transportwesen, insbesondere bei denen zu den Lenk- und Ruhezeiten.
Der Bundesverband Güterkraftverkehr und Logistik (BGL) wandte sich gegen weitere Liberalisierungen. „Das Fiskal- und Sozialgefälle innerhalb der EU ist für weitere Lockerungen der Kabotageregelungen im Straßengütertransport immer noch zu groß“, sagte Verbandsgeschäftsführer Karlheinz Schmidt der taz. Das Phänomen Kabotage finde fast ausschließlich in den alten EU-Ländern statt, vor allem in Deutschland und Frankreich.
Gravierende Unterschiede ergäben sich bei Steuern und Sozialabgaben: Ein Unternehmer in Deutschland werde mit 34 Cent pro Fahrzeugkilometer belastet – im Vergleich zu 11 Cent pro Fahrzeugkilometer in Rumänien, Litauen, Bulgarien und Lettland. Diese Differenz von 23 Cent pro Fahrzeugkilometer übersteige die durchschnittlichen Gewinnerwartungen eines deutschen Transportlogistikunternehmens um ein Mehrfaches. Gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi kämpft der Logistikverband deshalb gegen Lockerungen der Kabotage-Regeln.
Mit Spannung blickt Schmidt auch auf die Europawahl Ende Mai. „Das Parlament hat bei der Besetzung der Kommissare mitzureden.“ Für den künftigen Verkehrskommissar – derzeit hat der Este Siim Kallas den Posten inne – heiße das: „Der Kandidat wird solche Positionen haben müssen, dass er bei Westeuropäern Akzeptanz findet und für Osteuropäer wählbar bleibt.“
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