: Lizenz zum Töten
In Peru übernimmt die Militärjustiz das Verfahren gegen eine Einheit, die 1997 14 MRTA-Guerilleros abschlachtete
BUENOS AIRES taz ■ Keine Angst vor einem zivilen Richter müssen die Mitglieder eines Militärkommandos haben, denen vorgeworfen wird, im Jahr 1997 bei der Erstürmung der von Guerilleros der „Revolutionären Bewegung Tupac Amaru“ (MRTA) besetzten Residenz des japanischen Botschafters alle Geiselnehmer hingerichtet zu haben.
Fast vier Monate lang hatte die Guerillagruppe die Gäste einer Festtagsgesellschaft in der Residenz als Geiseln gehalten. Bei der Erstürmung des Gebäudes kamen zwei der Geiseln und alle 14 Guerilleros ums Leben. Den Militärs wird vorgeworfen, die Freischärler ermordet zu haben, nachdem diese sich bereits ergeben hatten.
Der japanische Diplomat Hidetaka Ogura, der unter den Geiseln war, berichtete, er habe gesehen, wie sich mindestens drei Freischärler mit erhobenen Händen ergeben hätten. Später hätten sie tot auf dem Boden gelegen. In mehreren Fernsehinterviews blieb der Diplomat bei seiner Aussage.
Jetzt wird über den Fall die Militärjustiz urteilen, nachdem der Oberste Gerichtshof diese Woche entschied, es handele sich ein Dienstvergehen. Lediglich den Befehlsgebern, darunter Vladimiro Montesinos, der zwielichtige Sicherheitsberater des damaligen Präsidenten Alberto Fujimori, wird vor einem zivilen Gericht der Prozess gemacht.
Menschenrechtsgruppen kritisierten den Entscheid der Richter. In den vergangenen 20 Jahren sei kein einziger Fall von Menschenrechtsverletzungen von einem Militärgericht aufgeklärt worden, es habe nicht eine einzige Verurteilung gegeben.
„Diese Gerichtsentscheidung ist ein enormer Rückschritt der Justiz“, kritisierte die Rechtsanwältin Gloria Cano, die die Angehörogen der getöteten Guerilleros vertritt. Hinter der Entscheidung vermutet Cano eine „politische Lösung“, damit der Regierung Probleme mit den Streitkräften erspart bleiben. Sie kündigte an, vor internationalen Instanzen wie dem Iberoamerikanischen Menschenrechtsgerichtshof in Costa Rica Beschwerde einzulegen.
Präsident Fujimori feierte die Geiselbefreiung seinerzeit als großen Schlag gegen den Terrorismus, die Kommandomitglieder wurden als Helden geehrt. Doch vor einem Jahr wurden die Leichen der Geiselnehmer ausgegraben und untersucht. In ihrem Abschlussgutachten stellten die Gerichtsmediziner fest, dass die Guerilleros exekutiert worden waren. INGO MALCHER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen