„Living Planet Report“ des WWF: 2,6 Erden benötigt
Deutschland lebt mit seinem Ressourcenverbrauch auf Kosten anderer Länder. Die Übernutzung gefährdet das globale Ökosystem, so eine Studie der Umweltschützer.
BERLIN afp | Die Deutschen verbrauchen für ihren Lebensstil pro Jahr weit mehr als doppelt so viele natürliche Ressourcen wie ihr eigenes Land dauerhaft zur Verfügung stellen kann. Das geht aus dem „Living Planet Report“ zum Zustand der Umwelt hervor, den die Umweltschutzorganisation WWF am Dienstag in Berlin vorstellte. Eine Folge sei, dass Deutschland große Teile seines sogenannten ökologischen Fußabdrucks auf andere Länder ausgelagert habe und deren Ressourcen für eigene Zwecke massiv in Anspruch nehme.
Ein Beispiel sei der Import großer Mengen von Soja als Futtermittel für die deutsche Landwirtschaft, erklärte der WWF in der neuen Ausgabe des jährlich erscheinenden Berichts, der auf das Problem der massiven Übernutzung der Lebensgrundlagen der Erde aufmerksam machen will. Allein in Südamerika werde dafür eine Fläche von 2,2 Millionen Hektar benötigt.
„Wir sind weit davon entfernt, Vorbild zu sein. Es muss uns endlich gelingen, den deutschen Fußabdruck auf ein nachhaltiges Maß zu senken“, forderte Eberhard Brandes, geschäftsführender Vorstand des WWF Deutschland. Nur so sei es möglich, auch kommenden Generationen ein hohes Wohlstandsniveau zu garantieren. Von entscheidender Bedeutung sei der Erfolg der deutschen Energiewende, dazu eine Neuausrichtung von Landwirtschaft und Verkehr.
Der WWF wies zugleich darauf hin, dass bei einer Hochrechnung der deutschen Konsumverhältnisse auf den gesamten Planeten 2,6 Erden nötig wären, um den aktuellen Ressourcenbedarf so zu decken, dass die natürliche Regenerationsfähigkeit der globalen Ökosysteme nicht überlastet werde. „Wir entziehen uns und unseren Kindern die Lebensgrundlagen in atemberaubender Geschwindigkeit“, warnte Brandes.
Dramatische Folgen
Zu den Folgen von Übernutzung und damit einhergehender Umweltzerstörung gehören laut Angaben des WWF unter anderem der globale Klimawandel sowie ein Artensterben von dramatischen Ausmaßen. Die Anzahl der Tierarten weltweit habe sich seit 1970 halbiert, berichtete die Organisation. „Die Menschheit treibt ihren eigenen Planeten in einen gefährlichen Burn-Out“, kritisierte der WWF.
Insgesamt übernutzt die Menschheit die ökologische Tragfähigkeit der Erde den WWF-Berechnungen zufolge um das Eineinhalbfache, es wären also rechnerisch 1,5 Planeten für eine nachhaltige Bedarfsdeckung nötig. Hinter diesem Durchschnittswert verbergen sich allerdings große länderspezifische Unterschiede. Am höchsten ist die Diskrepanz in einkommensstarken Staaten. Dazu gehören neben westlichen Industriestaaten auch beispielsweise Kuwait und Katar.
Aber auch in aufstrebenden Ländern wie China und Indien wächst die Nachfrage nach Ressourcen langsam, aber stetig. Dem WWF zufolge wird dies wegen der vielen Einwohner dort das globale Ökosystem zusätzlich enorm belasten. Auch in China werden demnach inzwischen mehr Ressourcen verbraucht, als global durchschnittlich bereitstehen.
Den ökologische Fußabdruck ermittelt der WWF, indem er berechnet, wie viel „Biokapazität“ zur Aufrechterhaltung eines Lebensstils verbraucht wird. Der bei weitem größte Einflussfaktor ist der Ausstoß des Treibhausgases CO2 durch die Energiegewinnung, der die natürliche Aufnahmekapazität der Ökosysteme längst weit überschreitet und zu steigenden Konzentrationen in der Atmosphäre führt. Hinzu kommt unter anderem auch der Platzbedarf für Siedlungen, Weide- und Ackerland.
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