Literatur-Nobelpreisträger Saramago tot: "Er ist Kommunist, aber er ist gut"
Der Literaturnobelpreisträger José Saramago ist tot. Der Autor von "Die Stadt der Blinden" starb "nach einer ruhigen Nacht" auf Lanzarote. Saramago schätzte den Kommunismus und galt als "Querdenker"
ARECIFE/MADRID apn/afp | Der portugiesische Literaturnobelpreisträger José Saramago ist im Alter von 87 Jahren gestorben. Saramago wurde 1998 als erster portugiesischsprachiger Autor mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Zu seinen bekanntesten Büchern aus der jüngeren Vergangenheit gehören die Romane "Die Stadt der Blinden" (1995) und "Die Stadt der Sehenden" (2004). Weitere wichtige Werke sind "Das Evangelium nach Jesus Christus" (1991) und "Das steinerne Floß" (1986).
Wie der Verleger Zeferino Coelho am Freitag auf der Website der portugiesischen Zeitung "Público" erklärte, starb Saramago in seinem Haus auf Lanzarote. Der Gesundheitszustand des Autors habe sich in jüngster Zeit verschlechtert, erklärte Coelho.
Saramago wurde 1922 in armen Verhältnissen geboren und wuchs in Lissabon auf. In jungen Jahren verdiente er seinen Lebensunterhalt als Metallarbeiter. Nebenbei studierte er, machte aber nie seinen Abschluss. Sein erster Roman "Terra do Pecado" (Land der Sünde) aus dem Jahr 1947 war kein kommerzieller Erfolg, Saramago konnte aber anschließend eine Stelle in einem Literaturmagazin annehmen. In den folgenden 18 Jahren veröffentlichte er lediglich einige Reiseberichte und Gedichtbände. Erst nach der Nelkenrevolution, dem Sturz des Militärregimes von António Salazar 1974, kehrte er zur Prosa zurück.
Der internationale Ruhm kam spät mit dem Historienroman "Memorial do Convento" (Das Memorial) aus dem Jahr 1982, der während der Zeit der Inquisition spielt. Darin greift der Schriftsteller den Kampf des Einzelnen gegen die Obrigkeit auf - ein bei Saramago wiederkehrendes Thema. Seither galt er als einer der erfolgreichsten zeitgenössischen Autoren des Landes, seine Werke wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt.
Lebenslange Sympathie für den Kommunismus
Er wurde häufig mit dem kolumbianischen Schriftsteller Gabriel Garcia Marquez verglichen, sein Stil wurde als Realismus gepaart mit lateinamerikanischem Mystizismus beschrieben, insbesondere wegen seiner Technik, historischen Persönlichkeiten in seinen Werken fiktive Figuren gegenüberzustellen. Dabei bewies er auch Sinn für Humor. In seinem Roman "História do Cerco de Lisboa" (Geschichte der Belagerung von Lissabon) von 1989 etwa fügt ein Lektor listig das Wort "nicht" in einen historischen Text über die Einnahme des maurischen Lissabon durch die Portugiesen im zwölften Jahrhundert ein und ändert damit mit einem Federstrich den Verlauf der europäischen Geschichte.
Saramago erwies sich oft als sperrig im Stil und als Querdenker gegen den Strom. 1992 zog er nach einem öffentlichen Zerwürfnis mit der Regierung in Lissabon auf die Kanaren. Der Mitgliedschaft seines Landes in der EU stand er stets kritisch gegenüber, den Kommunismus schätzte er. "Früher sagten die Leute über mich: 'Er ist gut, aber er ist ein Kommunist'" sagte Saramago der Nachrichtenagentur AP nach der Auszeichnung mit dem Nobelpreis 1998. "Jetzt sagen sie: 'Er ist ein Kommunist, aber er ist gut.'"
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