Listening Project Ein Caravan aus Hamburg für den Dialog auf dem taz.lab: Raum zum Zuhören
Am Ende bleibt eine Bildunterschrift wie „Das zentrale Element am Verhalten der Lemminge (bezogen darauf, wie wir unsere Erde behandeln)“ und die Erfahrung, zugehört zu haben. Das "Listening Project", das Rudolf Giesselmann zusammen mit Susan Tilley 2013 ins Leben rief, will einen experimentellen Dialograum bieten.
Die Kraft des Zuhörens werde unterschätzt, glaubt der Initiator: „Wir leben ja in einer Kultur, in der Sprechen als wichtiger gilt. Es gibt keine Kurse im Zuhören. Nur aber durchs Zuhören kann man sich selber verstehen.“ Die vage Idee, einen Raum fürs Zuhören zu schaffen, entstand auf einer Konferenz zu Peer Coaching. Bereits wenige Monate später fand sich zufällig ein Caravan: Jeweils zu zweit setzt man sich dort hinein und spricht über ein zufälliges Thema – möglichst fremd, aber nicht zwingend, wobei: fremd ist man sich ja letztlich immer, auch sich selbst. Das Konzept, wie zwei Menschen am besten miteinander ins Gespräch kommen, respektive sich zuhören, entwickelte sich nach und nach, erzählt Giesselmann.
Die Zuschauenden sehen zwar aus der Distanz zwei Menschen im Dialog, hören aber nicht, worüber sie sprechen. Die Themen werden generiert; etwa über ein aufgeschlagenes Buch. „Für einen offenen Dialog ist wichtig, dass niemand bereits geladen mit einem Thema ankommt“, sagt Giesselmann. Für die Dialoge auf dem taz.lab wird eine taz als Themenspender aufliegen – „vielleicht auch nur der politische Teil und nicht die letzte Seite“, lacht Giesselmann, der nicht nur Maschinenschlosser, sondern auch Physik, Kunst und Politik studiert hat.
Wichtigstes Element im Caravan ist eine Sanduhr von 30 Sekunden. Wenn die Zuhörenden oder die Sprechenden diese umdrehen, werden die Rollen getauscht. So kann man sicher sein gehört zu werden. Bei jedem Rollenwechsel folgen 30 Sekunden Stille. Die DialogteilnehmerInnen kriege je zwei Fotos, einmal als ZuhörerIn, einmal als SprecherIn. Wenn Giesselmann fragt, welches Thema gestreift wurde, seien die Antworten den DialogpartnerInnen immer wichtig, bis in die genaue Formulierung hinein.
Zum Schluss unseres Gesprächs schweigt Rudolf Giesselmann und hört seinen Worten sichtlich nach. Dann ergänzt er: „Das klingt so missionarisch. Das soll es nicht! Ich sage nicht, das ist jetzt die bessere Welt. Doch wenn man inhaltliche Fortschritte machen will, muss man zuhören. Oft frage ich mich, ob das das Einfachste oder das Schwierigste ist.“ Gina Bucher
Das Listening Project steht am 2. April als Teil des taz.labs vor dem HKW. Anmeldung vor Ort.
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