Lisicki erreicht Finale in Wimbledon: Wie einst Steffi Graf
Die Berlinerin Sabine Lisicki zieht nach einem Dreisatzsieg gegen Agnieszka Radwanska ins Endspiel ein. Dort wartet am Samstag Marion Bartoli.
LONDON dpa | Sabine Lisicki hat auf dem Heiligen Rasen von Wimbledon Tennis-Geschichte geschrieben. Als erste Deutsche seit Steffi Graf vor 14 Jahren zog die 23 Jahre alte Berlinerin nach einem denkwürdigen Krimi ins Endspiel des berühmtesten Tennisturniers der Welt ein. Mit einer erneuten Wahnsinns-Leistung auf dem voll besetzten Centre Court bezwang Lisicki am Donnerstag die Weltranglisten-Vierte Agnieszka Radwanska aus Polen in drei Sätzen mit 6:4, 2:6, 9:7.
„Es ist unglaublich. Es war eine Schlacht und ich bin so froh, dass ich gewonnen habe. Ich habe mit meinem ganzen Herzen gekämpft“, sagte sie nach dem nervenaufreibenden Match und stellte wieder einmal fest: „Ich liebe Wimbledon.“ Im Kampf um die erste deutsche Wimbledon-Krone im Vereinigten Königreich seit Steffi Grafs Finalsieg gegen die Spanierin Arantxa Sánchez-Vicario im Jahr 1996 trifft die Nummer 24 der Welt am Samstag auf die Französin Marion Bartoli. Die Finalistin von 2007 hatte bei ihrem 6:1, 6:2-Erfolg keine Probleme mit Kirsten Flipkens aus Belgien.
„Ich traue ihr alles zu. Radwanska ist aber eine enorme Hürde, die nur mit einer ganz großen Leistung zu überspringen ist“, hatte Bundestrainerin Barbara Rittner vor dem Match gesagt. Am frühen Morgen verbreitete die Fed-Cup-Chefin noch via Twitter ein Foto mit dem Schriftzug „Let's go Sabine“. Unmittelbar nach dem Coup stellte sie fest: „Du bist unglaublich, unfassbares Match, einfach nur stolz dabei zu sein yesssssss-One more to go.“
Als Agnieszka Radwanska am Donnerstag um 15.40 Uhr ihren ersten Aufschlag auf den grünen Rasen tropfen ließ, war Schluss mit lustig. Obwohl an beiden Oberschenkeln dick bandagiert, präsentierte sich die Weltranglisten-Vierte genauso, wie es alle erwartet und aus deutscher Sicht befürchtet hatten: zäh, nervenstark und aggressiv.
„Unglaublich aufregend“
Doch Sabine Lisicki war den Tick besser. „Die letzten Spiele waren unglaublich aufregend. Ich habe gekämpft. Agnieszka hat super gespielt. Aber ich habe immer daran geglaubt, egal wie es stand“, sagte die stolze Siegerin. Noch gut drei Stunden vor dem Match hatten die beiden nebeneinander im angrenzenden Aorangi Park trainiert. Während Radwanska nach 30 Minuten lockerem Einspielen schon wieder verschwand, powerte Lisicki schon beim Einschlagen, als würde sie bereits um die Grand-Slam-Krone kämpfen.
Im zweiten Halbfinale erarbeitete sich Lisicki im siebten Spiel erstmals Breakbälle. Der erste landete im Aus, der zweite und dritte im Netz. Auch den vierten Breakball hätte Radwanska nach einem Netzroller Lisickis fast noch zurück ins Feld gebracht, doch diesmal landete ihr Schlag knapp neben der Linie. Lisicki ging 4:3 in Führung und entschied nach 33 Minuten den ersten Satz für sich.
Im zweiten Durchgang nahm Lisicki ihrer Kontrahentin, gegen die sie schon Juniorinnenturniere in Polen gespielt hat, erneut den Aufschlag ab. Prompt kassierte die Nummer 24 der Welt aber ein Re-Break. So ging es munter weiter. Zum 1:3 brachte Lisicki ihr Service nicht durch, verkürzte durch ein Break wieder zum 2:3, brachte ihr Aufschlagsspiel aber anschließend erneut nicht durch. Mit zwei Doppelfehlern nacheinander erlaubte Lisicki ihrer Gegnerin die ersten Satzbälle - nach 36 Minuten war Durchgang zwei verloren.
Akt drei auf der bedeutendsten Tennisbühne des Planeten begann wenig verheißungsvoll. Radwanska ging 3:0 in Führung. Aber schon bei ihrem sensationellen Achtelfinal-Sieg gegen Serena Williams hatte Lisicki einen 2:4-Rückstand im entscheidenden Durchgang noch aufgeholt. Auch diesmal glich sie zum 3:3 und später zum 4:4 aus.
Die Vorentscheidung
In der Box wurden die Nerven von Trainer Wim Fissette, Vater Richard, Mutter Elisabeth und Teamchefin Rittner auf eine harte Probe gestellt. Mit dem Break zum 5:4 schien die Vorentscheidung gefallen zu sein. Doch Radwanska konterte, glich aus und ging sogar mit 6:5 in Führung. Anschließend war es ein Spiel auf Augenhöhe. Dann das entscheidende Break von Lisicki zum 8:7. Wenige Minute später hatte sie drei Matchbälle.
Den ersten wehrte die Polin ab, den zweiten nicht mehr. Nach 138 Spielminuten fiel Lisicki jubelnd auf den Rücken – das Wunder war wahr geworden. Gegen Bartoli hat die Deutsche eine positive Bilanz. Von vier Vergleichen hat sie drei gewonnen. Schon zweimal standen sich beide in Wimbledon gegenüber. 2008 setzte sich die Französin in der ersten Runde durch, zuletzt 2011 aber im Viertelfinale Sabine Lisicki.
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