piwik no script img

Linkspartei blockiert nichtNRW bald ohne Studiengebühren

Die Linke will den rot-grünen Gesetzentwurf nun doch mittragen, auch wenn er ihr nicht weit genug geht. Zuvor hatte Ministerpräsidentin Kraft mit Neuwahlen gedroht.

Auf dem kleinen Parteitag der NRW-Linken am Samstag: Der Druck kommt gerade eher von außen- Bild: dpa

KÖLN taz Die Linkspartei macht den Weg frei für die Abschaffung der Studiengebühren in Nordrhein-Westfalen zum kommenden Wintersemester. "An uns wird die Abschaffung der Studiengebühren nicht scheitern", versicherte der Linken-Landeschef Hubertus Zdebel auf dem Landesrat seiner Partei am Samstag in Dortmund. Gleichlautend äußerte sich auch der Landtagsfraktionsvorsitzende Wolfgang Zimmermann.

Ihre Klarstellungen waren nötig geworden, weil führende Funktionärinnen und Funktionäre der Partei in den letzten Wochen immer wieder den Eindruck vermittelt hatten, sie würden den rot-grünen Gesetzentwurf zur Abschaffung der Studiengebühren durchfallen lassen, sollten SPD und Grüne nicht auf die weitergehenden Forderungen der Linkspartei eingehen. Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) drohte daraufhin mit Neuwahlen für den Fall, dass das Reformvorhaben ihrer rot-grünen Minderheitsregierung im Landtag an den Linken scheitert.

Die Linkspartei fordert weiterhin, die Studiengebühren bereits zum Sommersemester abzuschaffen - beharrt aber, anders als bisher, nicht mehr darauf. Am liebsten würde sie die Gebühren den Studierenden sogar rückwirkend erstatten lassen, verkündete die Partei, nachdem Ende Januar bekannt geworden war, dass die Nettoneuverschuldung des Landes 2010 geringer als geplant ausfiel. "Eine Rückabwicklung der Gebühren wäre durchaus möglich, denn an den Hochschulen ist schließlich ein riesiger Apparat zur Gebühreneintreibung installiert worden, der auch rückabwickeln kann", sagte Landtagsvizepräsidentin Gunhild Böth, die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion.

Außerdem sollten die Hochschulen als Kompensation 450 Millionen Euro erhalten. Rot-Grün plant demgegenüber nur 249 Millionen Euro. Die Differenz resultiert daraus, dass nach Ansicht der Linkspartei das Land für jeden Studierenden 500 Euro pro Semester an die Hochschulen zahlen sollte. SPD und Grüne wollen ihnen dagegen nur Gelder in Höhe der tatsächlich bislang eingenommenen Studiengebühren zahlen. Im Unterschied zu anderen Bundesländern entscheiden in NRW die Hochschulen selbst, ob und in welcher Höhe sie Gebühren erheben. 500 Euro, das ist nur die Höchstsumme, die sie nehmen dürfen.

Der Gesetzentwurf von SPD und Grünen sei zwar "nicht ausreichend", stellte Linkspartei-Fraktionschef Zimmermann auf dem kleinen Parteitag nun klar. Aber: "Es ist eine Unverschämtheit, zu behaupten, wir wollten die Studiengebühren nicht abschaffen", sagte er vor den mehr als 120 Delegierten. Auch Landessprecher Zdebel betonte, die Frage sei nur, ob sich seine Partei bei der Abstimmung enthalten oder zustimmen werde. Das hänge davon ab, ob "sich SPD und Grüne auf uns zubewegen".

Die Grünen begrüßten die Aussagen der Linkspartei-Spitze. "Wir Grüne freuen uns, dass wir jetzt die historische Chance haben, im größten Bundesland Studiengebühren abzuschaffen", sagte der grüne Landesvorsitzende Sven Lehmann. "Studiengebühren sind ein Irrweg, den wir jetzt auch in NRW beenden können."

In dieser Woche werden sich der Haushalts- und der Wissenschaftsausschuss des Landtags mit der Abschaffung der Studiengebühren befassen. In der folgenden Woche soll der rot-grüne Gesetzentwurf nach den Vorstellungen der Minderheitskoalition dann das Parlament passieren. Würde NRW die Gebühren abschaffen, blieben noch vier Länder übrig, in denen Studierende fürs Studium zahlen müssen: Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Hamburg.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • H
    Hann0s

    Ich wäre wirklich soooo dankbar wenn mir alle diese Schuldenpropheten mir offenbaren, wie weniger ausgaben uns entschulden sollen. Ein ausgeglichener Haushalt macht keine Schulden, er bezahlt aber auch keine ab. Fragt mal, oh Schreck, VWLer anstatt BWLer, wie man einen Staat entschuldet, die lernen nämlich wie man eine Volkswirtschaft lenkt, nicht wie man einen Betrieb führt. Und die werden euch ihre Bücher völlig zu recht um die Ohren hauen wenn ihr mit diesem dogmatischen Bullshit kommt, das wirkliche Problem ist, das die Steuerlast für die oberen 10% reduziert wurde wo immer es nur geht, während das Einkommen der unteren 90% seit 20 Jahren in Deutschland stagniert, was natürlich ebenfalls nicht zu mehr Steuereinnamen führt.

     

    Oder man informiert sich nur oberflächlich, hält Peer Steinbrück für einen kompetenten Politiker und fährt diesen Staat mit an die Wand, das schöne is, das dieser Weg so kreuzdämlich ist, dass das wirklich nicht länger als 2 Dekaden gut gehen wird

  • P
    Pakalino

    Halt ich für einen Fehler. Studiengebühren sind nicht "unsozial", wenn man sie richtig umsetzen würde. Vorschläge gäbe es da genug, z.B. die rückwirkende Finanzierung des Studiums nach dem Studium bei Ausübung einer ausreichend bezahlten Arbeit. Es würde den Unis zugute kommen und den Landeshaushalt entlasten.

    Die meisten Studierenden stammen nicht sozial benachteiligten Schichten.

  • D
    Daniela

    1. Ich begrüße eine Abschaffung der Studiengebühren in NRW.

     

    2. Ich verachte Frau Kraft dafür, sich mit der Abschaffung der Studiengebühren profilieren zu wollen. War es doch ihr SPD-Vorgänger Steinbrück, der mit der Einführung von Gebühren für (Langzeit)Studierende in NRW die Büchse der Pandora geöffnet hat und damit den gierigen schwarz-gelben Bundesländern DIE Einladung für allg. Gebühren zu schenken.

     

    3. Hat Herr Scholz denn ähnliche Pläne in Hamburg?

  • KW
    Kerstin Weidner

    Nee, nee ablehnen wird die Linke nicht, denn sie haben ja Angst wieder in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Doch richtige Lösungen wo das ausfallende Geld herkommt, haben sie auch nicht. Ach ja, Geld haben wir ja? Egal wie viele Schulden auflaufen, hauptsache immer schön links. Ich für meinen Teil sehe die Entwicklungen in den Haushalten mit großer Sorge. Klar Bildung muß kostenlos sein, das ist vollkommen richtig. Doch muß ich als Regierende auch Lösungen vorweisen können. Warum macht sich keiner Gedanken, wie viele Forderungen bezahlt werden sollen. Es hängt nun mal alles am lieben Geld. Liebe Studenten macht euch selbst Gedanken wie der Ausfall der Studiengebühren sich nicht auf eure Ausbildung auswirkt, ansonsten habt ihr die Studiengebühren auf Umwegen schneller wieder an der Backe. Es geht doch nur noch um leere Versprechungen. Keiner registriert, dass uns die Haushalte bereits um die Ohren fliegen. Sozial ist eben nicht alles unsonst, sondern die Lösung alles nachhaltig und bezahlbar zu halten. also Augen auf und mitgemacht.