Linker Wahlsieg in Portugal: Kein Klappergerüst mehr

Der sozialistische Amtsinhaber Costa gewinnt die Wahlen in Portugal klar. Er wurde für Stabilität und seine Erfolge in der Sozialpolitik belohnt.

Antonio Costa mit geschlossenen Augen und einem Lächeln auf den Lippen

Kann seinen Sieg genießen: António Costa hat die Präsidentschaft erneut gewonnen Foto: Armando Franca/ap

Das Wort der Wahlnacht heißt „Stabilität“. Der alte und neue portugiesische Ministerpräsident António Costa wiederholte es mehrmals in seiner Siegesrede. Statt einem ungewissen Kopf-an-Kopf-Finish, wie es die Umfragen vorhergesagt hatten, lief er mit einer absoluten Mehrheit durchs Ziel. Etwas, was es so in Portugal schon lange nicht mehr gab.

Die Wähler und Wählerinnen wollten kein „Klappergerüst“ mehr, wie sie die bisherige Minderheitsregierung Costas, die von kleineren Parteien links von Costas Sozialisten unterstützt wurde, nannten. Sie wollten klare Verhältnisse. Und die waren eben nur mit Costa und seiner sozialistischen (in deutscher Terminologie: sozialdemokratischen) Partei zu bekommen. Denn Herausforderer Rui Rio hätte im Falle eines Sieges ebenfalls ein „Klappergerüst“ errichten müssen und das gar in Form eines wie auch immer gearteten Bündnisses mit der extremen Rechten von Chega. Stabil sieht anders aus.

Stabilität ist auch soziale und wirtschaftliche Erholung. Auch dafür steht Costa und nicht der Konservative Rio. Auch wenn dieser sich sehr gemäßigt gab, ist seine PSD die Partei, die im Auftrage der Troika ohne mit der Wimper zu zucken eines der härtesten Austeritätsprogramme in der Eurokrise umsetzte. Und das gar noch ideologisch mit allerlei neoliberalen Sprüchen verteidigte. Die Portugiesen haben dies – so zeigt das Wahlergebnis – nicht vergessen.

Und hinzu kommt die Einsicht, dass das Machbare besser ist, als von der hundertprozentigen Erfüllung eines linken Idealprogramms zu träumen, während die Rechte regiert. Wohl deshalb haben viele den beiden Linksparteien BE und CDU den Rücken gekehrt und stattdessen den Sozialisten Costa gewählt. Natürlich hat er nicht alles wieder eingeführt, was die Troika und die Konservativen vor 2015 platt gemacht haben, aber eben vieles.

Selbst heute, mitten in der Covid-Pandemie, geht es dem kleinen Land im Südwesten Europas nicht so schlecht wie einst in der Eurokrise. Auch das ist Stabilität, und auch dafür wurde Costa so deutlich im Amt bestätigt.

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Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.

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