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Linken-Abgeordneter zu Personaldebatten„Sauer ist keine sinnvolle Kategorie“

Stefan Liebich sitzt seit 2009 für die Linken im Bundestag. Am besten wäre, es gäbe gar keine Personaldebatten, sagt er.

„Als SpitzenkandidatIn muss man möglichst bekannt in der Bevölkerung sein“, meint Stefan Liebich Foto: dpa
Anja Maier
Interview von Anja Maier

Taz: Herr Liebich, Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch reklamieren für sich die Doppel-Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl. Was halten Sie davon?

Stefan Liebich: Dietmar und Sahra haben es geschafft, unsere Fraktion auf einen gemeinsamen Weg zu bringen. Das war keine Selbstverständlichkeit. Deswegen, glaube ich, wären sie die richtigen Spitzenkandidaten für die Linke.

Satzungsgemäß hat der Parteivorstand das Vorschlagsrecht. Was hat Wagenknecht und Bartsch bewogen, das Karl-Liebknecht-Haus zu übergehen?

Die beiden wissen, wie bei uns die Gremien funktionieren. Dennoch kann man sagen, wozu man bereit ist. Und dann müssen die, die dafür zuständig sind, die Entscheidung treffen.

Die Parteichefs Kipping und Riexinger können aber auch für sich reklamieren, die Partei befriedet zu haben. Wären die beiden nicht wenigstens genauso fähig zur Spitzenkandidatur?

Katja Kipping und Bernd Riexinger haben die Partei in einer Zeit befriedet, als die Flügel miteinander im Streit lagen. Damals stand Dietmar Bartsch auf der einen Seite, Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine auf der anderen. Ich bin sehr dankbar dafür, dass Katja und Bernd damals die Initiative ergriffen haben, das zu beenden.

Noch einmal: Würden Sie auch Kipping und Riexinger als Spitzenkandidaten unterstützen?

Die Gremien werden klug entscheiden, wer unsere Spitzenkandidaten werden. Und ich werde dann die getroffene Entscheidung unterstützen. Sie haben mich gefragt, was ich von der Bereitschaft von Dietmar und Sahra zu kandidieren, halte. Und davon habe ich nichts zurückzunehmen.

Hätten Kipping und Riexinger also keinen Grund, sich übergangen zu fühlen?

Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch haben ein Angebot formuliert. Wo ist das Problem? Und es ist ja nicht vom Himmel gefallen. Die SpitzenpolitikerInnen in unserer Partei sind zu dem Thema sicher seit längerem im Gespräch. Offenkundig ist kein gemeinsames Vorgehen erreicht worden. Sauer sein ist keine sinnvolle Kategorie in der Politik.

Im Interview: 

geb. am 30.12.1972 in Wismar trat er 1990 in die PDS ein, war dort in den folgenden Jahren Bezirks- und Landesvorsitzender. Von 1995 bis 2009 war er Mitglied des Abgeordnetenhauses in Berlin, seit 2009 Mitglied im Bundestag, dort Obmann des Auswärtigen Ausschuss.

Was müssen SpitzenkandidatInnen besser können als andere?

Man muss möglichst bekannt sein in der Bevölkerung. Das trifft auf Sahra Wagenknecht auf jeden Fall zu, auf Dietmar Bartsch immer mehr. Und man sollte die Partei in ihrer Breite repräsentieren. Das war früher bei den Einzelpersonen Oskar Lafontaine, Gregor Gysi oder Lothar Bisky der Fall. Die konnten sagen, wir stehen für die gesamte Partei. So jemanden haben wir aber nicht mehr. Deshalb ist die Idee, dass nicht mehr einer allein die Linke repräsentiert, richtig.

Mal ehrlich, öden Personaldebatten die Wähler nicht eher an?

Klar, niemand mag Personaldebatten. Aber Politik und Personal sind nun mal nicht voneinander zu trennen. Das Beste wäre, es gäbe keine Personaldebatte und man einigt sich zügig auf einen Vorschlag. Es liegt ein Angebot auf dem Tisch, dazu sollen sich die zuständigen Gremien nun verständigen.

Als Gysi die Fraktionsführung an Wagenknecht und Bartsch übergeben hat, hätte er sich da träumen lassen, dass Sahra Wagenknecht als Spitzenkandidatin in den Bundestagswahlkampf ziehen würde?

Gregor Gysi wusste ja, dass es diese Möglichkeit gibt. In dem Moment, als er sich entschieden hat, nicht erneut als Fraktionsvorsitzender zu kandidieren, war im Grunde klar, dass die beiden bereit stehen würden.

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