: „Linke“ sollten sich an die eigene Nase fassen
betr.: „Die grünen Kasper“, taz vom 3. 12. 99
Als hessisches Mitglied der Bündnisgrünen kommt mir das Gejammer über die neue Einbürgerungsgesetzgebung schon etwas seltsam vor: Es ist klar, dass das Gesetz von den Vorstellungen, die wir ursprünglich hatten, weit entfernt ist. Genauso klar ist allerdings, dass wir die Landtagswahl im Frühjahr, die maßgeblich von der CDU-Kampagne zu diesem Thema bestimmt wurde, mit Pauken und Trompeten verloren haben und damit auch die Mehrheit im Bundesrat, um eine weiter gehende Regelung durchzusetzen. Außerdem dürfte auch der taz nicht entgangen sein, dass Verwaltungsvorschriften nicht von der Ausländerbeauftragten, sondern von den Bundesländern erlassen werden. Wenn man uns also erst bei den Landtagswahlen abstraft, braucht man sich nicht zu wundern, dass wir in der Bundesinnenministerkonferenz nichts durchsetzen.
Natürlich haben auch wir Grünen Fehler gemacht und uns manchmal taktisch ungeschickt verhalten. Das ändert allerdings nichts daran, dass es für eine freiheitliche, an Bürgerrechten orientierte Innenpolitik im Augenblick einfach keine Mehrheiten in Deutschland gibt. Die „Linken“ in Deutschland sollten ihre Unfähigkeit, sich in dieser Frage durchzusetzen, nicht immer den Grünen in die Schuhe schieben, sondern sich endlich überlegen, wie sie die Menschen von ihren Vorstellungen überzeugen können. Das ständige Den-Grünen-ans-Bein-Pinkeln ist zwar geeignet, von den eigenen Defiziten abzulenken, hilft aber den in Deutschland lebenden Einwanderern ganz bestimmt nicht weiter. Ingo Mehling, Frankfurt/Main
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