Linke-Politiker fordern Embargo-Stopp: "Vorwand" für einen Krieg gegen Iran
Fünf Abgeordnete der Linkspartei haben einen Aufruf unterschrieben, der den Stopp der Embargos gegen Syrien und Iran fordert. Ihre GenossInnen sind entsetzt.
BERLIN taz | Der Aufruf lässt an Klarheit kaum zu wünschen übrig. Unter dem Motto "Kriegsvorbereitungen stoppen!" rufen 400 UnterzeichnerInnen dazu auf, die Embargos gegen Syrien und den Iran aufzuheben. "Die USA, weitere Nato-Staaten und Israel" würden durch ihre Embargomaßnahmen in beiden Ländern "einen Bürgerkrieg entfachen, um einen Vorwand für die längst geplante militärische Intervention zu schaffen".
In dem Papier ist nicht die Rede von Menschenrechtsverletzungen in Syrien oder der aktuellen Ausweitung des iranischen Atomprogramms. Vielmehr, so der Text, würden beide Länder mit Kriegsdrohungen sowie "mit Sabotage- und Terroraktionen von eingeschleusten ,Spezialeinheiten'" in einem zermürbenden Ausnahmezustand gehalten.
Das iranische und das syrische Volk hätten "das Recht, über die Gestaltung ihrer politischen und gesellschaftlichen Ordnung allein und souverän zu entscheiden", so die Unterzeichner, die die Einhaltung des Prinzips der Nichteinmischung bekräftigen.
Unverständnis bei den GenossInnen
Unterschrieben haben den Aufruf neben vielen anderen auch fünf Abgeordnete der Linkspartei: Eva Bulling-Schroeter aus Bayern, Sevim Dagdelen und Ulla Jelpke aus Nordrhein-Westfalen, Heike Hänsel aus Baden-Württemberg sowie Diether Dehm aus Niedersachsen. Dieser begründet gegenüber der taz seine Unterschrift so: Er sei zwar kein Pazifist, lehne jedoch "den Staatsterror von Assad und Ahmadinedschad entschieden ab".
Er wisse aber, "wie in deutsche Fernsehzimmer die Propagandamaschinerie einwirkt, bevor die Bombengeschwader fliegen dürfen. Vor den Bomben auf Belgrad, Kabul, Bagdad und Tripolis wurde immer erst eine sogenannte humanitäre Bereitschaft ins Volk hineingeschrieben und gesendet."
Bundesweit stößt der Appell bei den Genossinnen und Genossen auf Unverständnis. Paul Schäfer, verteidigungspolitischer Sprecher der Fraktion, sagte der taz, er würde diesen Aufruf nicht unterschreiben. Lieber konzentriere er sich darauf, "eine breite Koalition gegen Rüstungsexporte in den Nahen Osten und gegen einen Militärschlag gegen den Iran zusammenzubringen".
"Prozesse der Nachdenklichkeit auslösen"
Während von Fraktionschef Gregor Gysi nur zu hören ist, die ganze Angelegenheit sei "Sache dieser Abgeordneten", zeigt sich der Bundesarbeitskreis Shalom empört. Es seien gerade "das iranische Regime und die vom Iran aufgerüstete Terrororganisation Hisbollah, die innerhalb Syriens operieren, um die Aufständischen zu stoppen". In einer Erklärung fordert der BAK Shalom alle UnterzeichnerInnen aus der Linkspartei auf, ihre Unterschrift zurückzuziehen.
"BAK Shalom geht mir sonst wo hinten vorbei!", wettert Diether Dehm auf die Frage, ob er der Aufforderung nachkommen werde. Den Vorhalt, antiisraelische Vorurteile zu stärken, kontert er mit der Bemerkung, sein "Leben lang gegen Antisemitismus gekämpft" zu haben. "Aber es gibt neuerdings auch einen Neorassismus, der nicht antisemitisch auftreten will, aber Bombardements auf Palästinenserhütten befürwortet."
Die Wirkung auf die öffentliche Wahrnehmung der Linkspartei sieht Diether Dehm gelassen. Für die Partei sei es eben "manchmal nötig, medial keine stromlinienförmigen Positionen zu vertreten. Sie ist auch dazu da, Prozesse der Nachdenklichkeit auszulösen - so was geht eben nicht immer mit dem Beifall der herrschenden Medien einher."
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